60800 Apostel Zeitschrift der Arnsteiner Patres Ausgabe 2/2015 Wenn Lehre und Leben schwer zusammenpassen Weitere Themen Jubiläumswallfahrt zum Kloster Geistlicher Wegbegleiter für Arnstein – Ein Fest der Begegnung Juli, August und September Früh­ und Spätschichten in Münster Nach den Frühschichten sind alle zum gemeinsamen Frühstück und nach den Spätschichten zum gemeinsamen Zusammensein mit der Kommunität eingeladen. p Die nächste Frühschicht findet am Freitag, 4. September 2015 um 6.45 Uhr statt. p Die nächste Spätschicht findet am Mittwoch, 16. September 2015 um 19.30 Uhr statt. Ort: Arnsteiner Patres, Bohlweg 46, 48147 Münster, Tel.: 0251 482533 Inhalt Elternseiten 4 Oasentage in Kloster Arnsteiner Familie SSCC 6 Geistlicher Wegbegleiter 9 Titelthema 13 Nachrichten 21 Herzliche Einladung zu dem Oasentag »Menschlichkeit und Heilig­ keit« am Samstag, 26. September 2015 Referierende: Pater Heinz Josef Catrein SSCC, Theresia Zimmer Weitere Oasentage: 7. November und 5. Dezember 2015 Die Oasentage finden jeweils samstags von 9.30 bis 16.30 Uhr in Kloster Arnstein statt. Anmeldungen bitte bis 10 Tage vor der jeweiligen Veranstaltung an: Kloster Arnstein, 56379 Obernhof/Lahn, Tel.: 0 26 04 97 04­0, E­Mail: kloster.arnstein@sscc.de Der »Apostel« erscheint vierteljährlich und wird von unserer Ordensgemeinschaft seit 1895 erstellt. Interessierte können ihn im Provinzialat bestellen und erhalten ihn ohne Rechnungsstellung zugesandt. Wir freuen uns über Spenden, die uns helfen, diese Form der Ver­ kündigung fortzusetzen. Eine Spende ist aber keine Voraussetzung für den Bezug. g/Zahlschein SEPA-Überweisun BIC n in Für Überweisunge in andere Deutschland, ten und EU-/EWR-Staa in Euro. in die Schweiz immer 22 Stellen) 1 0 , bei Überweisunge 6 1 2 0 0 IBAN (des Kreditinstituts 1 5 0 6 5 1 0 5 0 0 D E 8 6 5 n in Deutschland e.V., Kardinal-von9368 Werne 0010 00 1506 5612 E55 rkasse Lahnstein , 8 oder 11 Stellen) BIC (des Kreditinstituts E 5 5 N A S S D IBAN mit dem nitt kann zusammen EUR als zu 200,– ei Spenden bis das Finanzamt cheinigung für über 200,– EUR werden. Für Spenden Spendenquittung. eigene wir Ihnen eine ) (Kontoinhaber Prüfziffer BLZ Kontonummer (ggf. links mit Nullen auffüllen) Bankverbindung: Arnsteiner Patres e. V., Nassauische Sparkasse Lahnstein, Stichwort: »Spende Apostel«, IBAN: DE 8651 0500 1506 5612 0010, SWIFT­BIC: NASSDE55 Bei Spenden bis zu 200 Euro genügt dem Finanzamt der Kontoauszug als Beleg. Wir senden bei Bedarf oder bei höheren Beträgen aber auch gerne Spenden­ bescheinigungen zu. Kloster Arnstein: Kulturveranstaltungen p Freitag, 31. Juli 2015, 20 Uhr, Pilgersaal: 155. Obernhofer Vollmondnacht »Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen ...«, Musik: Die Zeitreisenden, Texte: Diethelm Gresch, Gaby Fischer. p Samstag, 29. August 2015, 20 Uhr, Pilgersaal: 156. Obernhofer Vollmondnacht »Der glückliche Prinz«, am Flügel: Svetlana Richert, Texte: Diethelm Gresch, Gaby Fischer. p Freitag, 2. Oktober 2015, 20.00 Uhr, Pilgersaal: 157. Obernhofer Vollmondnacht »Die Stunde des Pan«, am Flügel: Svetlana Richert, Tanz: Detlef Dorsch, Texte: Diethelm Gresch, Gaby Fischer. Weitere Informationen auf www.arnsteiner­patres.de Impressum Apostel (ISSN 1611-0765) Herausgeber: Provinzialat der Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens (Arnsteiner Patres e. V.), Kardinal-von-Galen-Straße 3, 59368 Werne, Tel.: 0 23 89 97 01 50, Fax: 0 23 89 97 01 27, E-Mail: provinzialat@sscc.de, Internet: www.arnsteiner-patres.de SSCC ist die Abkürzung der Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen, in Deutschland als Arnsteiner Patres und auch als Picpus (nach der Straße des Mutterhauses in Paris) bekannt. Redaktion: Heinz Josef Catrein SSCC (verantw.) • Martin Königstein SSCC • Kerstin Meinhardt • Thomas Meinhardt • Ludger Widmaier SSCC Weitere Mitarbeitende dieser Ausgabe: Friedhelm Geller SSCC, Werne • Manfred Kollig SSCC, Münster • Desireé Neff, Eppstein • Lukas Neu, Runkel • Hans-Ullrich Willms SSCC, Münster Verlag: Meinhardt, Magdeburgstraße 11, 65510 Idstein, Tel.: 0 61 26 9 53 63-0, Fax: 0 61 26 9 53 63-11, E-Mail: info@meinhardt.info, Internet: www.meinhardt.info Erscheinungsort: Werne Auflage: 5.850 Exemplare, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Titel: © istock Bildnachweise: Auf der Doppelseite, auf denen die Abbildungen Verwendung fanden; Bilder ohne Nachweis: Archive der Ordensgemeinschaft und der Firma Meinhardt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung von Herausgeber und Redaktion wieder. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine Haftung übernommen werden. Die Zeitschrift »Apostel« kann kostenfrei beim Herausgeber (Adresse siehe oben) abonniert werden. Über eine Spende, die uns hilft, einen Teil der Herstellungskosten zu finanzieren, freuen wir uns sehr. Bankverbindung: Arnsteiner Patres e.V., Nassauische Sparkasse Lahnstein, Stichwort: »Spende Apostel«, IBAN: DE 8651 0500 1506 5612 0010, SWIFT-BIC: NASSDE55 2 apostel 2/2015 Citykirche in Koblenz Gemeinsame Zeit der Stille Jeden Donnerstag von 17.30 bis 18 Uhr im Gruppenraum der City­ kirche wöchentliche Stilleübungen in Gemeinschaft. Sitzen und Schweigen: Leerwerden. Einswerden in der Gegenwart dessen, der unser Freund sein will. Gott wie einem Freund begegnen. Aus seiner Kraft leben. Herzliche Einladung an alle, die kommen möchten! Intermezzo Eine musikalische Mittagspause 14­tägig mittwochs, 13.30 bis 13.50 Uhr in der Citykirche: Einfach den Alltag für zwanzig Minuten mit Musik des 20. Jahrhunderts un­ terbrechen. Der Eintritt ist frei. Die nächsten Termine: 22. Juli, 5. August, 19. August, 2. September, 16. September, 30. September, 4. Oktober, 28. Oktober. »Klima? Wandel. Wissen!« Ausstellung in der Citykirche Koblenz vom 6. bis 22. August Was hat Salz mit dem Klimawandel zu tun? Warum kostet die Rettung des Planeten nicht die Welt? Und wie kann mein eigener Handabdruck das Klima schützen? Diese und wei­ tere Themen behandelt eine Ausstel­ lung, die im August in der Citykir­ che zu besichtigen ist. Ein passender Impuls zum Jahr des G7­Gipfels in Deutschland, der Verabschiedung der »Globalen Nachhaltigkeitsziele« der Vereinten Nationen und vor allem zum Weltklimagipfel im De­ zember in Paris. Workshop zu »Laudato Si«, der neuen Enzyklika von Papst Franziskus Wir wollen uns, soweit das an drei Abenden möglich ist, vertraut ma­ chen mit dem Text und den Gedan­ ken von Papst Franziskus. Leitung des Workshops: Bernd Kuhl, Gemeindereferent in der Goldgrube, und Martin Königstein, SSCC. Montags, 10., 17. und 24. August, 19 Uhr im Gruppenraum der City­ kirche. Innehalten Überschrift Eine Landstraße ist eigentlich kein Ort zum Innehalten. Man fährt zügig, um bald anzukommen. Jede Behinderung ist lästig: der Trak­ tor, den man nicht überholen kann, oder das Schild mit der Ge­ schwindigkeitsbegrenzung. Jeder Halt wird als verlorene Zeit empfunden. Bei einer Radtour in der näheren Umgebung sah ich auf einmal diese rote Mütze an einem Baumstamm. Sie war unübersehbar. Zu Füßen des Baumes entdeckte ich einige rote Grablichter. Ich hielt an, stieg vom Rad und erinnerte mich an die Überschrift in der Lokalzeitung: »Schwerer Unfall – junger Mann getötet«. Eine solche Zeitungsnach­ richt liest man, vergisst sie und legt die Zeitung ins Altpapier. Das Leben geht weiter. Hier wollen die Freunde des Verstorbenen, dass das Leben nicht einfach so weitergeht. Sie rufen: »Stopp!« Die unbekannten Freunde des Verunglückten sind offenbar öfter hier. Die Kerzen werden erneuert, ab und zu liegt ein Strauß Blumen da. Ich versuche mir vorzustellen, was sie bewegt. Ist es die Trauer über einen unwiederbringlichen Verlust, werden Erinnerungen aus­ getauscht, werden Fragen gestellt? – Vor allem eine Frage: »Warum?« Vielleicht werden sie sich fragen, welchen Sinn das Leben für den Verunglückten hatte, und auch, welchen Sinn es für sie noch hat. Solche Gedanken wälzt man nicht jeden Tag. Aber wer es tut, stellt die Grundfragen des Lebens: »Wozu bin ich auf Erden?« Wozu sind wir auf Erden? An besagter Unfallstelle habe ich kein christliches Symbol entdeckt, aber dort, wo Menschen innehalten und über ihr Leben nachdenken, ist Glaube da. Glaube heißt innehalten und Fragen stellen. Hier ist es ein trauriger Anlass. Doch es gibt auch genug schöne: das Erlebnis eines Sonnenaufgangs, das Wunder einer Frühlingswiese, der Anblick eines neugeborenen Kindes, das Hören einer »himmlischen« Musik oder die Begegnung mit einem überzeugend guten Menschen. Je mehr wir lernen innezuhalten, desto offener werden wir für die Ge­ heimnisse des Lebens, und wer dafür offen ist, der ist Gott nicht fern. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer und Zeit zum Innehalten. Ihr Pater Heinz Josef Catrein SSCC 2/2015 apostel 3 Wo bleibt denn die Sonne? Lars und Sarah hatten sich so auf die Kinderfreizeit gefreut. Das Haus stand am Wasser, davor eine große Wiese, ein Bolzplatz, und bis zum Strand waren es gerade mal 50 Meter. Toll. Die Begeisterung kannte keine Grenzen. Am nächsten Morgen war dann alles doof: Es regnete, nicht nur ein bisschen, sondern lang und kräftig, war trübe und kalt. Was soll man da machen? »Mensch ärgere dich nicht« spielen, lesen, Mandalas malen ...? Aber so richtig Spaß machte das alles nicht. »Ätzend«, meinten die Kinder. Am nächsten Morgen fiel das Aufstehen leicht: »Die Sonne scheint«, rief Sarah nach einem Blick aus dem Fenster. »Super«, riefen alle. Diese Freude über die Sonne können auch wir Erwachsenen gut nachvollziehen. Die Sonne hat in vielerlei Hinsicht für uns alle eine grundlegende Bedeutung. Deshalb spielt sie auch in faktisch allen Religionen eine große Rolle. So ist die Sonne ein guter Anknüpfungspunkt, um mit Kindern über Gott zu reden. Ein Zeichen für Gottes Großzügigkeit Kinder lernen, dass es ohne die Sonne kein Leben auf dieser Erde gibt. Sie wissen, dass die Sonne eine fast unerschöpfliche Energiequelle ist. Sie sehen die Solarzellen auf den Dächern, und man kann ihnen erklären, dass man auf diese Weise sauberen Strom erzeugen kann. Aber auch: Wir freuen uns einfach, wenn die Sonne das Wasser wärmt und wir ohne dicke Kleider her­ umlaufen können. Die Sonne meint es auf vielfache Weise gut mit uns, und die Heilige Schrift erzählt, dass Gott die Sonne geschaffen hat. »Sonne und Mond, preiset den Herrn«, beteten schon die Men­ schen im Alten Testament. Für uns ist die Sonne ein Zeichen dafür, dass Gott großzügig für uns sorgt. Jesus ist wie die Sonne Früher waren die Menschen noch viel mehr als heute von der Sonne abhängig. Im kalten Winter warteten sie sehnsüchtig auf warme Tage, in der dunklen Jahreszeit freuten sie sich auf das Licht. Wenn der Winter lang war, gingen Nahrung und Viehfutter zur Neige, und man wartete auf die Mög­ lichkeit, Neues pflanzen zu können. Wenn wir Weih­ nachten feiern, sind wir in der dunkelsten Zeit des Jahres. Die Tage sind am kürzesten und die Nächte am längsten. Aber am 25. Dezember ist Schluss damit. Die Sonne kommt zurück, mit ihr das Licht und die Wärme. Deshalb feiern wir an diesem Tag 4 apostel 2/2015 das Geburtsfest Jesu. Er ist wie die Sonne, wo er ist, geht es den Menschen gut. Die Sommersonnenwen­ de wird mit Johannes dem Täufer in Verbindung ge­ bracht. Er zeigt den Menschen Jesus Christus als das wahre Licht, das in die Welt kommt. Mit »Johannis­ feuern« wird an vielen Orten hieran erinnert. Der Auferstandene strahlt wie die Sonne Das Neue Testament erzählt, dass Jesus am Morgen des ersten Tages aus dem Grab erstanden ist. Alte Bilder zeigen, wie Jesus von einem Lichtglanz umge­ ben aus dem Grabe aufersteht. Er gleicht der aufge­ henden Sonne. Zur Erinnerung an seine Auferste­ hung gehen wir am Sonntag in die Kirche. Er ist wie die Sonne, ohne die alles stirbt, und in vielen Län­ dern ist der erste Tag der Woche auch nach der Sonne benannt. In fast allen Kirchen zeigt der Altar nach Osten, die Himmelsrichtung, in der die Sonne aufgeht. Oft passiert es, dass während des Gottes­ dienstes die Sonne in den Fenstern hinter dem Altar erscheint. Das ist kein Zufall, sondern Absicht: Der Auferstandene strahlt wie die Sonne. Die Sonne scheint in die Kirche Der Altarraum ist in der Regel der hellste Ort in einer Kirche. Man soll nicht nur gut sehen, sondern die Fülle des Lichtes ist das Bild für Jesus Christus. In gotischen Kirchen findet man häufig hohe bunte Fenster, auf denen Geschichten aus der Bibel und dem Leben der Heiligen dargestellt sind. Wenn die Sonne hindurchscheint, kann man all das gut sehen. Christus wird buchstäblich in den Menschen sicht­ bar, die ihm vor uns gedient haben. Mitunter steht der Altar unter einer Kuppel und wird von dort mit Licht überschüttet. Goldene Verzierungen verstärken den Eindruck eines sonnendurchfluteten Raumes. In vielen Kirchen gibt es auch Rundfenster, Roset­ ten. Jesus Christus ist in der Mitte. Wie die Erde sich um die Sonne bewegt, so dreht sich alles um ihn. Lassen Sie die Kinder die dargestellten Szenen, Per­ sonen und Symbole entdecken und erraten. Die kleinen Geschwister der Sonne Mit der Sonne kommt der Spaß, und wenn man nicht alleine ist, gleich umso mehr Mit Kindergruppen habe ich oft aus gelbem Plakat­ karton eine Sonnenscheibe ausschneiden lassen. Dazu fertigten sie Sonnenstrahlen ebenfalls aus gel­ bem Karton, auf die sie ihre Namen schrieben. Wie die Sonne sollen auch wir Licht und Leben in diese Welt bringen. Letztlich geht es darum, den Sinn der Kinder für das Geheimnis des Lebens zu öffnen. Dazu gehören der Blick hinter die Kulissen, die Er­ schließung von Symbolen und die Verkündigung unseres Glaubens. n heinz josef catrein sscc Es ist egal, ob ich ins Freibad gehe, Fahrrad fahre oder einfach nur chille, wenn die Sonne scheint, macht es gleich mehr Spaß! Kinder lieben Kerzen, und jede Kerze ist eigentlich eine kleine Sonne. Beten wird für Kinder sinnlich erfahrbar, wenn sie ein Licht anzünden. Das kann eine Kerze sein, eine Öllampe oder eine Laterne. Alle diese Lichter sind Abbilder der Sonne, ihr Licht und ihre Wärme veranschaulichen Jesus Christus. Sind viele Kinder zusammen, kann man mit Teelichtern ein großes Sonnenrad legen oder auch Kerzen mit Wachsplatten verzieren. 2/2015 apostel 5 Ein Fest der Begegnung Jubiläumswallfahrt zum Herzen Jesu nach Arnstein Im Jahr 1925 bewegte sich zum ersten Mal ein Pilgerzug zum Kloster Arnstein. Aus diesem Grund hatten die Arnsteiner Patres für den 10. Mai, den Festtag des heiligen Damian von Molokai, zu einer Jubiläumswallfahrt geladen. Bei strahlendem Sonnenschein gab es viele fröhliche Gesichter, aber auch Momente des stillen Gedenkens an die Opfer der jüngsten Katastrophen. Es war ein Fest der Begegnungen, voller Freude, Wie­ dersehen und Verbundenheit. Viele verschiedene Menschen, alle mit ihren eigenen Geschichten und Beweggründen im Gepäck, fanden am 10. Mai den Weg nach Arnstein. Gläubige, für die dieser Ort ein Zuhause ist. Menschen, für die diese Tradition ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens ist. Pilger, die durch Verwandte und Vorfahren einen Bezug zur Wall­fahrt und zum Kloster Arnstein gewonnen haben. Die Wallfahrt ist immer auch eine Begegnung der Generationen, Jung und Alt waren an diesem Tag dabei: Eltern mit ihren kleinen Kindern, Jugendliche und ältere Pilger trafen sich an diesem Tag im Gar­ ten von Kloster Arnstein. Die Pilger kamen aus dem Ruhrgebiet, dem Rheinland, aus dem Taunus, der 6 apostel 2/2015 4/2014 Eifel und aus dem Hunsrück. Die Fußwallfahrer tra­ fen sich morgens in Nassau und bewältigten die Stre­ cke bis zum Kloster durch Wald und Feld. Kurze Pausen wurden genutzt für inhaltliche Impulse, Ge­ bete oder Momente der Stille. Unter den 35 Teilneh­ mern waren auch vier Mitglieder der Apostel-Redak­ tion: Thomas und Kerstin Meinhardt sowie Pater Martin Königstein SSCC und Pater Ludger Widmai­ er SSCC. Sie hatten die Fußwallfahrt thematisch vor­ bereitet und machten sich – selbstredend – mit auf den Weg. Die Zugwallfahrer starteten mit einem Nostalgie-Zug in Köln-Mülheim. Auf der Fahrt bis nach Obernhof stiegen viele Menschen zu, um dieses Erlebnis mit all den anderen Pilgern teilen zu können. Pater Pro­ vinzial Heinz Josef Catrein SSCC – auch er Mitglied der Redaktion dieser Zeitschrift – und Pater Hans-Ul­ rich Willms SSCC – langjähriger ehemaliger Pilger­ leiter – waren mit an Bord. Sie stimmten die Pilger auf das Fest der Begegnung in Arnstein ein. Die At­ mosphäre im Zug war fröhlich, die Freude, alte Be­ kannte zu treffen und den Tag mit ihnen zu erleben, war bei allen spürbar. Denn das ist wohl das Wich­ tigste an der Wallfahrt: das Miteinander. sscc familie Das Miteinander ist am wichtigsten Da der 10. Mai der Gedenktag von Pater Damian ist, wurde der Blick auch auf das Leben und Werk des Heiligen gelenkt und in Gebeten an ihn erinnert. Eine weitere Besonderheit der diesjährigen Wallfahrt war ihr 90. Jubiläum: Schon 1925 gab es zum ersten Mal einen Pilgerzug nach Arnstein. In den letzten Jahren hat sich natürlich manches verändert. Aber ob­ wohl heute weitaus weniger Menschen die Wallfahrt zum Kloster antreten als in früheren Zeiten, erleben sie immer wieder eine tolle gemeinsame Zeit. Die ty­ pisch familiäre Stimmung rührt auch daher, dass sich viele der Pilger schon lange kennen oder sich bei vorangegangenen Wallfahrten begegnet sind. Josef Vosskühler zum Beispiel kennt das Kloster seit seiner Kindheit. Er feierte an diesem Tag seinen 80. Geburtstag, und im Gespräch mit ihm war zu spü­ ren, wie sehr er sich darüber freute, diesen beeindru­ ckenden Ort am 10. Mai so voller Leben zu sehen. Schmerz und Leid gehören dazu Das Schöne an der Wallfahrt ist, das jeder etwas von den Gesprächen und Erlebnissen mitnehmen kann, aber auch die Möglichkeit hat, seine Vorstellungen und Ideen in die Gestaltung der Wallfahrt einfließen zu lassen. So erinnerte Pater Manfred Kollig SSCC in seinem Impuls am frühen Nachmittag daran, dass zum Frühlingsfest der Begegnung auf dem Arnstei­ ner Klosterberg nicht nur die Menschen gehören, die sich dort in freudiger Stimmung versammeln. Es sind auch jene, die unsägliches Leid zu tragen haben, für deren Schmerz wir keine Worte finden – wie die Opfer des Flugzeugabsturzes in den Alpen und ihre Angehörigen oder die Oper des schweren Erdbebens in Nepal. Ihr Leiden und ihre Schmerzen gehören ebenso zur Wallfahrt wie die Freude des Wiederse­ hens und einer Geschwisterlichkeit, die Menschen über viele Grenzen hinweg verbindet. Sie sind Teil dieses Festes der Begegnung, auch wenn wir ihr Schicksal oft nur wortlos vor Gott halten können. Es ist Teil der Wallfahrt zum Herzen Jesu, inmitten von Verzweiflung, Schmerz und Leid der Menschen, an die wir denken mögen, auch die Hoffnung auszu­ drücken, dass ihr Leben, ihr Leid und ihr Tod beim Herzen Jesu gut aufgehoben sind. Ein großartiges Erlebnis war die Reise im historischen Pilgerzug von Köln nach Obernhof. Pater Hans-Ulrich Willms, SSCC (l.) und Josef Vosskühler, Geburtstagsjubilar und langjähriger Unterstützer der Wallfahrt, sorgten mit anderen für die Einstimmung auf das Wallfahrtthema während der Zugfahrt. 4/2014 apostel 2/2015 7 sscc familie Nach dem Impuls wurde ein langes Tuch im Mittel­ gang der Kirche von den Wallfahrern beschrieben. Dabei konnte jeder ausdrücken, was Arnstein für ihn bedeutet. Viele Erinnerungen und Ermutigun­ gen fanden darauf Platz, viel Hoffnung und viele gute Wünsche wurden dort ausgedrückt. Bei der an­ schließenden gemeinsamen Eucharistiefeier waren Lieder und Gesänge zu hören, die teilweise aus dem traditionellen Bestand der Wallfahrt stammen und seit Jahrzehnten in Arnstein gesunden werden. Aber auch neuere Lieder wurden gesungen, die die Ge­ genwart der jüngeren Generationen ausdrückten. »Zieh den Kreis nicht zu klein«, lautete eines der Lieder. Zieh den Kreis nicht zu klein, damit Platz für alle Menschen ist, denn – so ist die Botschaft des Herz-Jesu-Bildes im Hochaltar von Arnstein ja zu verstehen – Gott hat ein Herz für uns. In diesem Bewusstsein machten sich die Menschen am Ende des Tages wieder auf den Weg in ihre Hei­ mat, zurück in den Alltag und zu ihren Familien. Viele freundschaftliche Umarmungen und viel Dank­ barkeit beendeten so diesen schönen Tag, der ja nicht­ nur von den Arnsteiner Patres, sondern vor allem auch vom Pilgerhelferteam mit seinen vielen Unter­ stützern ermöglicht wurde. n ludger widmaier sscc, désireé neff und lukas neu Die Arnsteiner Wallfahrt: Unterwegssein, Gottesdienst, Austausch, Entspannung in schöner Atmosphäre 8 apostel 2/2015 4/2014 credo das glaub ich – damit leb ich Ich glaube an den Heiligen Geist, (...) die Gemeinschaft der Heiligen Etwa 18 Millionen Menschen leben in Deutschland als überzeugte Singles, Tendenz steigend. Singles –­ ein beschönigender Ausdruck für eine im Grunde traurige Geschichte. Von Natur aus sind wir Menschen soziale Wesen, Mit-Menschen: ich, du, wir. Kei­ ner kann auf Dauer leben nur mit sich selbst, ganz und gar auf eigene Faust. Ich glaube an den Heiligen Geist, die Gemeinschaft der Heiligen – so bekennen wir es im Glaubensbekenntnis. Ziemlich spät, erst im 5. Jahrhundert, wurde der Satz von der »Gemeinschaft der Heiligen« in unser Glaubensbekenntnis eingefügt – als Erläuterung dafür, was Kirche, was christliche Gemeinde ist. Meist geht uns dieser Satz leicht von den Lippen. Doch eigentlich müssten wir darüber stolpern! Gemeinschaft der Heiligen! Waren das noch rosa­ rote Zeiten wie in der Urgemeinde: Seht, wie sie einander lieben?! Viel spricht dafür, dass es die ideale Urgemeinde, bestehend aus lauter »Heiligen«, nie ge­geben hat. Wo Menschen sind, da menschelt es. Gewiss, die frühen Christen lebten noch überschaubar zusammen, familiär, auf Du und Du. Kannten ihre Biografien, ihre Lebens- und Glaubensgeschichten. Und doch war niemand so eitel, ihr Miteinander-Umgehen und Zusammenleben in den Rang des­ Glaubensbekenntnisses zu erheben. Und wir? Können wir uns mit Fug und Recht als Heilige bezeichnen am Arbeitsplatz, in unseren Familien, in den sozialen Beziehungen und Bindungen? Gemeinschaft der Heiligen! Gemeinschaft – Sehnsuchtswort, Zauberwort ... Gaukelt das Glaubensbekenntnis uns eine Traumwelt vor? Wo gibt es die? Im Jenseits? Im Hier und Heute? In unserer konkreten Kirche, in unserer eigenen Gemeinde? Da, wo wir leben? begegnung | schwester laura knäbel mms Gemeinschaft der Heiligen! Was ist das für ein »Verein«? Von wessen Gnaden, zu wessen Verfügung? Wer oder was bewirkt da Gemeinschaft? Was also bedeutet es, wenn sich Christen in allen Ländern und Kulturen überall auf der Welt zur »Gemeinschaft der Heiligen« bekennen? Diesen Fragen möchte ich mit Ihnen nachgehen. ihr pater hans-ulrich willms sscc Anregungen für die Monate Juli, August und September 2015 Selbstvergewisserung Welche Zeichen, Gesten, guten Gedankengewohnheiten helfen mir, bewusster zu spüren, dass ich durch Taufe und Teilnahme an der Eucharistie Gemeinschaft am Heiligen habe? »Heilige« – kaum etwas wird so unausrottbar wie übereilt mit diesem Begriff verbunden wie der verbreitete Eindruck, dass eine Art Leistungs-Christsein gemeint ist, eine moralische Elite der katholischen Kirche. Da muss ein Blick ins Neue Testament heilsam ent-täuschen! Wen nennt da beispielsweise Paulus in seinen Briefen immer wieder »Heilige«? Alle Mitglieder einer konkreten Gemeinde, der Kirche vor Ort. Menschen, die an Jesus Christus glauben. Menschen mit Stärken und Schwächen, mit Fehlern und Sünden. Menschliche Menschen, nicht zu Ehren der Altäre erhoben, sondern mit beiden Beinen im Leben und in der Nachfolge Christi stehend. Menschen, denen Paulus bisweilen nicht die Füße, sondern ziemlich den Kopf wäscht. »Gemeinschaft der Heiligen« bedeutet ursprünglich nichts anderes als »Gemeinschaft der Glaubenden«. Gebet Jesus Christus, du kennst den Hunger in unserem Leben, der tiefer geht als der Hunger unseres Leibes. Es ist der Hunger nach Leben, Liebe, Frieden, Heilsein und Geborgenheit. Und du sagst: Ich bin das Brot des Lebens. Ich schenke mich dir und in mir findest du Heilsein, Gemeinschaft und Geborgenheit in dieser Zeit für die Ewigkeit. Diese Gemeinschaft wird nicht durch eine gemeinsame Satzung, Paragrafen und juridische Vorschriften gebildet und zusammengehalten, nicht durch Ge­meindeprofile oder Pastoralkonzepte. Die »Gemeinschaft der Heiligen« besteht durch Gemeinschaft mit dem Heiligen, mit Gott selbst. Gemeinschaft nicht aus menschlichem Wollen, Wählen und Wirken; sinn-fällig verwirklicht in und durch heilige Zeichen mit der Feier der Taufe und Eucharistie als Quelle und Höhepunkt: Leben in und aus der Kraft des Heiligen Geistes, Essen und Trinken vom Tisch des Herrn. In dieser Gemeinschaft hören die Mitglieder mehr, als sie sich selber sagen können. Hier hören sie, was sonst nirgendwo gesagt wird. Hier finden sie größere, haltbarere Nahrung, als sie selbst backen können. Worte zum Weitersagen, Brot zum Teilen. Die Gemeinschaft mit Christus wird zur Lebens-, ja Schicksalsgemeinschaft mit dem, der nichts für sich behielt. Seine Gegenwart steckt an, sein Geist ergreift sie, legt sich ihnen aufs Herz. Sie werden Leib Christi. Gesellschaft Seht wie sie einander lieben! – Denn: Seht, wie er sie liebt: Gemeinschaft der Heiligen! gemeinschaft der heiligen – die perfekte gesellschaft? Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat Juli gemeinschaft mit heiligem – werde für die anderen zum leben! Leben Detailvergrößerungen aus dem Werk Begegnung © Laura Knäbel MMS Selbstvergewisserung Taufe und Eucharistie sind Zeichen für die Gemeinschaft mit Jesus. Wozu mobilisieren sie mich sonntags und alltags? »Gemeinschaft der Heiligen« – im Kern also Gemein­schaft mit dem Heiligen, Gemeinschaft von Gottes Gnaden. Aber: Getauft sein, die Eucharistie, die Sakramente empfangen als Rückversicherung für die Ewigkeit, das reicht nicht. Taufe ohne Initialzündung für die persönliche Lebens- und Gesellschaftsgestaltung genügt nicht. Kommunion ohne Kommunikation auch nicht. Taufe und Leben, Abendmahl und Fußwaschung gehören zusammen. Gottesliebe und Nächstenliebe auch. Gemeinde und Engagement in ihr und für sie ebenso. Wo diese Zusammengehörigkeit stimmt, Taufe und Leben, Kommunion und Kommunikation, Altar und Straße Hand in Hand gehen, da geht es nicht nur um menschliche Gemeinschaft. Da geht Jesus mit. Er will unseren Glauben nähren, unsere Hoffnung stärken, unsere Liebe antreiben: Er. Unser Verstand müht sich ab, das zu begreifen. Und ich bin selbst weit entfernt davon, es zu verstehen. Aber das ist ja auch nicht zum Verstehen, sondern dazu, es anzunehmen: Lass dich zu dem machen, wo­ zu dieses Zeichen heraus-fordert! Werde für die anderen zum Leben! Das ist der Sinn der Taufe und der Eucharistie. Taufe und Eucharistie sind Lebensantrieb, Motor der Christen. Der Traum von der »Gemeinschaft der Heiligen« wird Wirklichkeit – nicht erst im Himmel, sondern bereits im Hier und Jetzt. Lebens-Wirklichkeit. Gebet Jesus Christus, heiliger und heiligmachender Gott, du stiftest Gemeinschaft der Heiligen in der Taufe und in der Eucharistie. Alles gehört zusammen: Himmel und Erde, Kirche und Welt, Feier und Arbeit, Sonntag und Werktag, Gottesdienst und Dienst am Menschen, Leben und Beten, Vergeben und Versöhnen, Wort Gottes und Wort des Menschen, dein Leiden und das Leid der Menschen, dein Leib im Brot und das Brot der Erde, Kommunionbank und Straße – das eine geht nicht ohne das andere. Wir danken dir, dass du alles mit uns teilst. Wir brauchen die Begegnung mit dir, brauchen es, dass im Gelingen und im Scheitern du unser Heiland und Erlöser bist und bleibst und so Gemeinschaft der Heiligen möglich wird – schon in dieser Zeit und am Ende ohne Ende. Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat August »Gemeinschaft der Heiligen« – und noch ein Klang, den der Begriff mit der Zeit gewonnen hat: Viele Christen standen in einem bewussten, tiefen Verhält­nis zu ihren gläubigen Vorfahren, besonders den Märtyrern. Man wusste sich auf ihren Schultern stehend, im Glauben mit ihnen verbunden. Die katholische Heiligenverehrung gibt dieser Verbindung einen Ort, Gesichter, Namen. Die Gemeinschaft der Heiligen umfasst alle, Lebende und Tote. »Nichts kann uns trennen von der Liebe Christi, weder Tod noch Leben«, sagt Paulus. Kein Abrakadabra mit Tischrücken schafft diese Begegnung von Lebenden und Toten, sondern nur der, der am Schicksal von Lebenden und Toten lebhaft Anteil nimmt: Jesus Christus. In seinem Geist und in seiner Liebe bilden wir Gemeinschaft, ein Leib selbst über die Todesgrenze hinaus. Daher beten wir für die Toten und vertrauen auf die Fürbitte der Heiligen: Kommunikation im auferstandenen Christus. Kirche, Gemeinde, wir verstehen uns als Menschen unterwegs mit Gott, heim zu ihm – aber nicht in Partystimmung. »Und oft sind wir allein«, heißt es in einem Kirchenlied, dass »nur einer Geleite gibt«. Gemeinschaft auch in der Einsamkeit unterscheidet uns von vielen Gruppen, und seien sie noch so gut durchorganisiert. Einer ist immer und für alle da, durch den Tod hindurch und über das Grab hinaus. So weit geht Gemeinschaft der Heiligen – zum Glück! Selbstvergewisserung Gemeinschaft der Heiligen, wie prägt dieser Glaubensinhalt mein Leben und Sterben? Gebet Gemeinschaft der Heiligen – das Leben kann nicht sterben, die Liebe kann nicht sterben, so wahr Gott die Liebe, das Leben, so wahr Gott Gott ist. Der Tod nimmt nicht das Leben, er nimmt das, was am Leben sterblich ist. Unsere Gestorbenen hören nicht auf zu leben, sie hören nur auf, sterblich zu sein. Du, Gott aller Lebenden, lass uns im Vertrauen auf diese unverlierbare Verbundenheit einander in Freiheit begegnen und begleiten. lebende und tote – gemeinschaft grenzenlos Grenzenlos Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat September links: Detailvergrößerung aus dem Werk Begegnung © Laura Knäbel MMS, rechts: © John Gomez – Fotolia Die darüber spotten, sind vielleicht sprech-gehindert. Denn zumindest vor dem Tod hätten sich Menschen viel zu sagen und tun es selten genug. Manches Elend wäre kleiner, manches ginge nicht zu Bruch, wenn man miteinander redete. Schwer ist die Kommunikation von Mensch zu Mensch, unglaublich gar die Gemeinschaft mit den Toten. Die Kraft, in der wir Menschen unsere Entfremdung überwinden, ist dieselbe Kraft, in der wir Gemeinschaft der Lebenden und Toten sind. Ich glaube an den Heiligen Geist, Gemeinschaft der Heiligen über Tod und Teufel hinweg – das ist es. titelthema Wenn Lehre und Leben schwer zusammenpassen Der große Abstand zwischen dem katholischen Ideal von Ehe, Familie und Sexualität und der Lebenswirklichkeit vieler Menschen ist offensichtlich. Passen Lehre und Leben noch zusammen? Zurzeit wird darüber in der katholischen Kirche heftig diskutiert, nicht zuletzt im Umfeld der »Familiensynode«, deren zweiter, abschließender Teil in diesem Herbst in Rom stattfindet. Sollen wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zugelassen werden? Soll der Zugang zum Priesteramt für Verheiratete geöffnet werden, um seel­ sorglichen Notlagen begegnen zu können? Kann der Hälfte des Volkes Gottes der Zugang zum Priesteramt verwehrt werden, weil sie Frauen sind? Darf es gleich­geschlechtliche kirchliche Eheschließungen geben oder zumindest eine Segensfeier? Andererseits stellt sich die Frage, ob die Kirche nicht ihren Wahrheitsanspruch aufgibt, ihre Ethik beliebig wird, wenn sie dem Zeitgeist nachgibt. Gibt es nicht bestimmte Haltungen, die gar nicht zu verändern sind, weil die Kirche sie als »Göttliches Recht«, als »Göttlichen Willen« erkannt hat. All dies war für die Redaktion des Apostels Anlass, zur Debatte einzuladen. Wie ist das Verhältnis zwischen Ideal und Lebens­ wirklichkeit, zwischen Wahrheit und Barmherzigkeit, Gesetz und persönlicher Gewissens­entscheidung? martin königstein sscc: Ideale braucht jeder Mensch, sie stehen nicht im Gegensatz zur Lebens­ wirklichkeit. Das Problem beginnt, wenn Ideale aus dem Zusammenhang herausgelöst und als »ewige Gesetze« formuliert werden. Dann dienen sie den Menschen nicht mehr als Orientierung, sondern werden zu Ausschluss­kriterien. heinz josef catrein sscc: Auch Gesetze sind nichts Negatives, sondern notwendig. Sie regeln unser Zu­ sammenleben auch in der Kirche. Sie sind dazu da, die Schwachen in ihren Rechten zu schützen. Aber Gesetze erfassen nie die ganze Wirklichkeit. Man muss immer den Sinn von Normen in der jeweils konkreten Situation versuchen herauszufinden. martin königstein sscc: Ich verste­ he die Heilsgeschichte als einen Pro­ zess, die Botschaft Jesu immer besser zu verstehen. Evolution, Verwand­ lung, Veränderung sind Teil dieses Weges, ein erst am Ende der Ge­ schichte endender Lernprozess. Das Zweite Vatikanum ist für mich ein Martin Königstein Beispiel dafür, wie sich das Verständ­ SSCC ist Seel­ nis der Kirche von der Botschaft Jesu sorger an der abhängig vom konkreten geschichtli­ Citykirche Koblenz chen Kontext verändert. In Bezug auf die Menschenrechte, auf die Demo­ kratie oder auch im Verhältnis zu den anderen Reli­ gionen haben sich hier die katholischen Positionen teilweise um 180 Grad gedreht, indem man neu da­ rüber nachgedacht hat, wie die Botschaft Jesu in un­ sere Zeit übersetzt werden muss. 4/2014 apostel 2/2015 13 titelthema Solch ein verändertes Verständnis davon, wie die Botschaft und die Praxis Jesu in einem bestimmten kulturellen und gesellschaftlichen Umfeld anzuwen­ den sind, gab es während der ganzen Kirchenge­ schichte immer wieder. Jede Generation von Chris­ tinnen und Christen hat die Aufgabe, das Evangeli­ um mit Blick auf ihre jeweils konkrete Lebenswirk­ lichkeit hin zu lesen und zu verstehen. Dafür haben wir von Jesus die Zusage des Geistes, der uns »alles lehren wird«. Peter Hofacker, priesterlicher Mitarbeiter in einer Pfarrei im Wester­ wald, kennt die Arnsteiner Patres seit seiner Schulzeit in Lahnstein peter hofacker: Die Realität des Le­ bens Jesu ist entscheidend – aber nicht für jede mögliche Situation be­ reits von ihm entschieden. Das müs­ sen wir schon selbst tun. Und da fängt das Problem an. In der Nachfol­ ge Jesu in dieser Welt – in der je eigen erlebten Wirklichkeit – müssen wir Entscheidungen treffen. Entschei­ dungen der Nächstenliebe. Barmherzigkeit darf nicht zum mora­ lischen Postulat des einzelnen Gläu­ bigen verkommen, Barmherzigkeit muss Maßstab allen kirchlichen Han­ delns bleiben und wieder werden. Die Kirche hat nicht die Wahrheit, sondern Jesus ist die Wahrheit. Und wer Jesus erkennt, der lebt in der Wahrheit. Da auch diese Kirche sün­ dig und fehlerhaft ist, stünde es den Verantwortli­ chen und allen Gläubigen gut zu Gesicht, Jesu Sicht der Dinge miteinander zu bedenken und ins Gebet zu nehmen, um dann im Dialog die richtige Ent­ scheidung zu treffen. Miteinander reden – miteinan­ der beten – miteinander streiten. Das ist für mich der Weg zur Erkenntnis der offenbarten Wahrheit. Und die wird niemals gegen die Barmherzigkeit stehen. Arne Kirseboom SSCC ist Pfarrer in Asker und Baerum (Norwegen) und Oberer der dortigen SSCC-Kommunität 14 apostel 2/2015 4/2014 arne kirseboom sscc: Weder das all­ gemeine Gesetz noch der barmherzi­ ge Umgang mit dem je konkreten Menschen sollten vorrangig sein, bei­ des muss aufrechterhalten bleiben. Als Seelsorger muss ich auf der einen Seite die kirchliche Lehre immer vor Augen haben, auf der anderen Seite den Menschen in ihren Nöten begeg­ nen. Das Ideal sollte sein, dass die kirchliche Lehre und das individuelle Leben in eins zusammen­ fallen können. Wenn nicht, muss man den Menschen dazu verhel­ fen, dem möglichst nahe­ zukommen. Die Barmherzigkeit darf keine Beliebigkeit bedeuten, sondern soll aufrichten und eine Erneuerung ermög­ lichen oder wegweisend sein. Es kann nicht darum gehen, Falsches nicht anzumerken. Durch die Offenbarung des menschgewordenen Gottessohnes und seiner Unterweisung der Apostel und Jünger und das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche dürfen wir glauben, dass die Kirche »Got­ tes Gesetz« richtig zu kennen weiß. dr. hadwig müller: Vorrang hat weder das allgemeine Gesetz noch eine je besondere Ethik, Vorrang hat immer der konkrete Mensch. Vor­ rang hat die Nähe, die zu diesem konkreten Menschen herzustellen ist. Dafür geben die Evangelien Bei­ spiele aus dem Leben Jesu. Dr. Hadwig Müller, In der Beziehung zu einem konkre­ Theologin, war bis ten Menschen kommen nun durch­ zur Rente aus allgemeine Gesetze zur Geltung. Referentin des Aber sie anzuwenden, heißt immer, Missionswissensie in Hinblick auf konkrete Men­ schaftlichen schen anzuwenden und dabei zu Instituts Missio verändern. Es gibt keine Anwen­ dung von Gesetzen ohne Verände­ rung, und zwar eine wechselseitige: Der konkrete Mensch, dem gegen­ über das Gesetz zur Anwendung kommt, verändert sich – und das Gesetz erfährt eine Veränderung, weil die Person, die es anwendet, sich dabei verändert. Das zeigen die Evangelien mit den vielen Erzählun­ gen von Kranken, die Jesus von Nazareth am Sabbat titelthema © Sascha Baumann – dpa heilt. Die Ethik wird dabei gerade nicht beliebig. Die Ethik ist nur dann wirklich beliebig, nämlich un­ nütz, wenn ihr Maß nicht das Leben des konkreten Menschen ist. gabriel simon sscc: Im Zusam­ menhang mit diesen Fragen wird mir ein Gesichtspunkt immer wichtiger: die Bedeutung des Ge­ wissens, der Gewissensfreiheit, der persönlichen Gewissensentschei­ dung! Ich möchte das verdeutli­ chen am Beispiel eines modernen Märtyrers des Gewissens, an Franz Prof. em. Dr. Jägerstätter. Dieser einfache Bauer Gabriel Simon aus Österreich verweigerte aus Ge­ SSCC ist wissensgründen den Wehrdienst. ehemaliger Kein Zureden des Pfarrers oder an­ Provinzial der derer kirchlicher Amtsträger, keine Ansteiner Patres Hinweise darauf, dass er nach und lebt in Münster kirchlicher Vorstellung den Wehr­ dienst leisten dürfe, vermochten ihn von seiner Überzeugung, be­ gründet in der Bergpredigt Jesu, abzubringen. Dafür ist er in den Tod gegangen; 1943 wurde er im Zucht­ haus Brandenburg enthauptet. 2007 wurde er von der Kirche seliggesprochen. Sollte die Berufung auf das Gewissen nicht auch gelten können, wenn ein Mensch aufgrund eines »geprüften« Gewissens, trotz kirchlicher Verbote oder anderer Lehrmeinun­ gen, davon überzeugt ist, anders handeln zu können und zu müssen?! Gefragt ist eine Haltung, die der Berufung auf das Gewissen nicht mit Misstrauen, sondern mit Achtung seiner Würde und mit Aner­ kennung seiner Entscheidung begegnet. heinz josef catrein sscc: Für mich ist entschei­ dend zu verstehen, was Jesus wollte: Er wollte das Heil des ganzen Menschen. Also: Gesundheit, ge­ rechter Lohn, Respekt gegenüber den Frauen, genug zu essen und zu trinken, in Frieden zu leben … Heil ist hier nicht theoretisch, sondern ganz praktisch zu verstehen. Das Heil symbolisiert sich im guten Vater und im guten Hirten. Und: Jesus weiß, dass im Leben jedes Menschen vieles schiefgehen kann. Des­ halb wird er nicht verdammt, sondern seine Sünden werden ihm vergeben. Brauchen wir also keine Kirchengesetze, weil die Barmherzigkeit das Gesetz ist? martin königstein sscc: Eine große Gemeinschaft wie die Kirche braucht Regeln und Grundlagen für ein gutes Zusammenleben. Doch diese Regeln müs­ sen nicht in allen Teilkirchen wortgleich formuliert sein. Der gemeinsame Weg in der Nachfolge Jesu ist die Fortsetzung der Menschwerdung in die jeweilige Kultur, in die unterschiedlichen geschichtlichen und gesellschaftlichen Wirklichkeiten hinein. Über­ all gilt, dass die Liebe das ganze Gesetz erfüllt: »Liebe und mache, was du willst« (Augustinus). gabriel simon sscc: »Seine Grundsätze soll man für die wenigen Augenblicke des Lebens aufsparen, in denen es auf Grundsätze ankommt. Für das meis­ te genügt ein wenig Barmherzigkeit.« Dieses Zitat von Albert Camus hängt als Spruchkarte in meinem Zimmer – als Hinweis auf einen Grundzug unserer Spiritualität, als tägliche Einladung und Herausforde­ rung. peter egenolf sscc: Wir leben aller­ dings in einer real existierenden Kir­ che, in der intensiv gestritten wird. Es gibt beispielsweise eine Polarisierung bei der Frage der Zulassung von wie­ derverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten. Einige glauben, als un­ veränderlich angesehene Wahrheiten müssten verteidigt werden. Da spielt auch die Angst eine Rolle, in der Öf­ fentlichkeit die eigenen Grundsätze zu verwässern, nicht mehr erkennbar und nicht mehr unterscheidbar zu sein. Dies gilt auch bezüglich einer Segnung homosexueller Partnerschaften. Es wird registriert, dass sich überall auf der Welt die Gesetzgebung verändert und es immer mehr Riten gibt, die der Peter Egenolf SSCC ist Pfarrer in Bad Ems, lebt im Kloster Arnstein und war bis 2008 Provinzial der Arnsteiner Patres Segnung einer Lebenspartnerschaft in der Alt-Katholischen Gemeinde in Stuttgart 4/2014 apostel 2/2015 15 titelthema 2015: Jahr der Barmherzigkeit Die Barmherzigkeit [ist] in der Heiligen Schrift das Schlüsselwort, um Gottes Handeln uns gegenüber zu beschreiben. (...) Es ist nicht sinnlos, in diesem Zusammenhang auf die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit hinzuweisen. Es handelt sich dabei nicht um zwei gegensätzliche Aspekte, sondern um zwei Dimensionen einer einzigen Wirklichkeit, die sich fortschreitend entwickelt, bis sie ihren Höhepunkt in der Fülle der Liebe erreicht hat. (...) Jesus selbst spricht viel häufiger von der Bedeutung des Glaubens als von der Beachtung des Gesetzes. Und in diesem Sinn müssen wir seine Worte verstehen, als Er – während Er mit Matthäus und anderen Zöllnern und Sündern zu Tisch sitzt – den Pharisäern, die ihn kritisierten, antwortete: »Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer. Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten« (Mt 9,13). Angesichts einer Sicht der Gerechtigkeit als der bloßen Einhaltung von Gesetzen, die in der Folge Menschen einteilt in Gerechte und Sünder, versucht Jesus die große Gabe der Barmherzigkeit aufzuzeigen, die Barmherzigkeit, die den Sünder sucht und ihm Vergebung und Heil anbietet. (...) Auszüge aus dem Verkündigungsschreiben zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit von Papst Franziskus (11. 4. 2015) Hochzeit ähneln, und das ängstigt einige. Sie wollen allen An­ schein vermeiden, die katholische Kirche würde dies billigen. Bei aller Betonung der Barmherzigkeit im Einzelfall, will man solche Partnerschaften generell nicht billigen. Man befürchtet, dass der Unterschied zwischen Segnung und kirchlicher Hoch­ zeit nicht vermittelbar ist, und lehnt dies schon deshalb ab. ludger widmaier sscc: Als Ordensmann und Geistlicher habe ich eine ganze Reihe von Men­ schen kennengelernt, die meistens mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, um sich selbst als Homosexuelle anzuerkennen. Das war in der Regel ein sehr schwieriger Prozess und Kampf für diese Menschen, und er war auch häufig von schweren Beleidigungen und gewalttätigen Bedro­ hungen durch andere gekennzeichnet. Gleichzei­ Ludger Widmaier tig war ich immer wieder überrascht, dass ich SSCC ist Seel­ auch homosexuelle Paare getroffen habe, die sorger an der schon lange miteinander zusammengelebt haben. Citykirche Koblenz Ich war beeindruckt von dem gegenseitigen Res­ pekt und der gegenseitigen Fürsorge, die diese ho­ mosexuellen Paare einander bezeugten –­auch in sehr schwierigen Lebenssituationen. Ich frage mich, ob ein gelingendes Zusammenleben von zwei Menschen, die einander aufrichtig lieben, gegenseitigen Respekt zollen und füreinander einstehen, nicht eine Art der »öffentlichen« Aner­ kennung braucht, weil sie – wenn auch theologisch vielleicht un­ vollkommen – ein Zeichen dafür ist, dass die Menschen dazu berufen sind, einander zu ergänzen und in der Nachfolge Jesu die Mitmenschen zu lieben. Außerdem bedeutet diese öffentliche 16 apostel 2/2015 4/2014 Anerkennung auch, dass homosexuelle Menschen in der Gemeinschaft der Kir­ che und der Jünger Jesu einen Platz haben und willkommen sind. Ich glaube, dass das besonders wichtig ist, weil es davon Zeugnis ablegt, dass die Verstri­ ckungen in schwierige Lebenssituatio­ nen ja nicht grundsätzlich ein Grund sein können, warum Menschen bei uns keinen Platz finden. Das hat Jesus schließlich selbst vorgemacht. Die Aussage Jesu, »der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat«, hört sich nicht nach engen moralischen Gesetzen an … peter egenolf sscc: Jesus hat weder Gesetze formuliert noch welche erlas­ sen. Das meiste, was wir finden, sind mahnende Weisungen, Jesus spitzt zu, provoziert. Die Bergpredigt ist die Kon­ kretisierung des Liebesgebotes, aber keine neue Gesetzgebung. Dennoch finden wir im Neuen Testa­ ment einige Normen, beispielsweise zur Frage des Ehebruchs. Hier wird ver­ sucht, einen ethischen Impuls in Regeln zu fassen. harald adler sscc: Solange ich in un­ serer Pfarrei in Metro Manila auf den Philippinen arbeitete, habe ich einen er­ bitterten Kampf der offiziellen Kirche gegen die Einführung eines Gesetzes zur Familienplanung durch die Regierung erlebt. Dabei waren die Fronten so ver­ härtet, dass einige Vertreter des Klerus für Politiker, die öffentlich für das Ge­ setz eintraten, den Ausschluss vom Empfang der heiligen Kommunion for­ derten. Natürlich gab es auch Gründe, nicht mit allen Einzelheiten des Gesetz­ entwurfs einverstanden zu sein, grund­ sätzlich hielt ich selbst das Gesetz aber für dringend notwendig, um in der Bevöl­ rubrik kerung das Bewusstsein für eine verantwortliche Elternschaft zu fördern. Harald Adler SSCC, ehemaliger Schul­ leiter in Werne, ist seit acht Jahren Missionar auf den Philippinen Seit Dezember 2012 ist das Gesetz nun in Kraft und sichert allgemeinen Zugang zu Verhütungs­ methoden, Familienpla­ nung, Gesundheitsvorsor­ ge und Sexualerziehung. Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in den Philippinen im Januar dieses Jahres, während des Empfangs bei der Regierung, das so lange Zeit vom philippinischen Episko­ pat und Klerus attackierte Gesetz nicht einmal erwähnt. Vielmehr hat er die Korruption im Land angeprangert und die skandalöse soziale Ungleichheit. Und vom Papst ist bekannt, dass er die Bi­ schöfe mehr als behilfliche Moderatoren des Glaubens sehen möchte und nicht als dessen Kontrolleure. heinz josef catrein sscc: In der Kir­ che wird oft so getan, als ob bestimmte Gesetze und Gesetzesformulierungen Ewigkeitscharakter hätten. Dabei ist die heute gültige kirchenrechtliche Form der katholischen Eheschließung erst in der Neuzeit entstanden, vorher gab es vielfältige unterschiedliche Formen. martin königstein sscc: Keine der christlichen Kirchen – auch nicht die Orthodoxie – verwehrt eine neue Chan­ ce beim Scheitern der Ehe außer der rö­ misch-katholischen. Denn: Scheitern und Fehler gehören auch beim besten Willen zum Leben. Alles andere ent­ springt einem Allmachtsdenken, das der Bibel und dem Evangelium Jesu fremd ist. Jesus hat sich immer wieder und zu­ allererst den Sündern zugewandt. In der orthodoxen Kirche unterscheidet sich die Regelung für eine zweite Eheschlie­ ßung von der der ersten, aber es ist eine Hochzeit. Scheidung ist in der Regel kein Sport, sondern das Ergebnis eines tragischen Scheiterns. Und wenn Men­ schen scheitern, müssen wir die ethi­ schen Fundamente nicht aufgeben. Jesus sagt uns, wer es fassen kann, der fasse es. Zum Verhältnis von geltenden Werten und der Lebenswirklichkeit Drei Perspektiven möchte ich benennen, die neben anderen zu berücksichtigen sind: p Die Kirche vertritt Ideale, die sich aus der Heiligen Schrift und der kirchlichen Tradition ergeben und die nicht beliebig verändert werden können. p Die Kirche ist ein wirksames Heilszeichen für die Menschen in ihrer je eigenen unvollkommenen Lebenswirklichkeit. p Wer im Namen der Kirche verkündet und handelt, muss berücksichtigen, wie Menschen die Worte und Gesten verstehen. Wenn ich diese drei Perspektiven auf das Thema Ehe und Partnerschaft anwende, bedeutet dies: Von Ehe kann die Kirche nur sprechen, wenn Mann und Frau sich verbinden. Denn die Ehe hat zwei Ziele: Die Liebe von Frau und Mann zueinander und, da diese Liebe offen sein soll für andere, die Zeugung neuen menschlichen Lebens. Dieses zweite Ziel können Menschen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nicht verwirklichen. Die Kirche macht allerdings eine Ausnahme für eine Verbindung von Mann und Frau, wenn aus dieser beispielsweise aufgrund des Alters keine Kinder mehr hervorgehen können. Die Kirche hat nicht nur Sakramente, die sie spendet; sie ist auch Sakrament. Hier stellt sich die Frage, in welcher Weise sie für konkrete Menschen in ihrer realen Situation, zu der immer auch Grenzen, Schuld und Sünde gehören, Sakrament sein kann. Wie kann sie durch Wort und Riten, Zeichen und Gesten den Menschen zeigen, dass Gott nur das eine will: den Menschen das Leben in Fülle geben. Diese Zusage gilt nicht nur den Menschen, die sich in ihrer Ehe spüren lassen, wie sehr Jesus Christus durch sie dieses Leben vermittelt. Die Kirche muss eine Antwort finden auf die Frage: Wie können wir Menschen, die sich nicht das Sakrament der Ehe spenden können oder wollen, dieses Versprechen Gottes verkünden? Damit der Mensch solche Zusagen glaubt, braucht er entsprechende Zeichen und Gesten. Dass es in der katholischen Kirche derzeit unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob die Beziehung von wiederverheirateten Geschiedenen oder die Partnerschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren gesegnet werden kann, ist verständlich. Wenn der Segen solcher Beziehungen von den Menschen so verstanden würde, dass die Kirche diese Formen des Zusammenlebens guthieße und „absegnete“, würde dies die von der Kirche vertretenen Ideale infrage stellen. Dass Menschen Segnungen so deuten und als kirchliche Bestätigung ihrer Lebensform verstehen werden, ist wahrscheinlich. Es ist jedoch unbefriedigend, aus Angst vor diesem Missverständnis Menschen, die, ihrem Gewissen folgend, in solchen Beziehungen leben, den Segen und damit die Zusage von Gottes Schutz zu verwehren. Hier ist aus meiner Sicht noch innerkirchlich Klärungsbedarf bezüglich der Bedeutung eines Segens. Sollte sich die Familiensynode mit dieser Frage befassen, muss auf jeden Fall, ganz gleich welche Entscheidung getroffen wird, erklärt werden: Was will die Kirche ausdrücken, wenn sie solchen Paaren den Segen verwehrt oder wenn sie ihn spendet? Manfred Kollig SSCC ist Leiter der Haupt­ abteilung Seelsorge im Bistum Münster 4/2014 apostel 17 titelthema Was soll die Kirche konkret tun, wenn eine Ehe ge­ scheitert ist und jemand eine neue Partnerschaft gefunden hat? Ausschluß von den Sakramenten? heinz josef catrein sscc: Unsere Kirche verlangt bei der Eheschließung von jungen Menschen, dass sie alles bereits über­ blicken: völlige Freiheit der Entschei­ dung, feste Überzeugung, bis zum Tod zusammenzubleiben, Offenheit für Nachkommen … Selbst wenn die Ehe­ leute dies aufrichtig wollen, so kann man von ihnen kaum verlangen, dass sie ihre und die Entwicklung ihres Heinz Josef Partners in den nächsten Jahrzehnten Catrein SSCC ist in einer sich rasant verändernden Welt Provinzial der vollständig überblicken. Arnsteiner Patres und lebt in Werne peter egenolf sscc: Es würde unserer Kirche guttun, im Gespräch mit den anderen christlichen Kirchen zu erfahren, wie diese es schaffen, dem Wort Jesu treu zu bleiben und den­ noch zu anderen Schlussfolgerungen zu kommen. heinz josef catrein sscc: Die katholischen philip­ pinischen Frauen in unseren Gemeinden in Norwe­ gen lebten selten in kanonisch korrekten Ehen. Sie hatte ein oft schwieriges Schicksal hierher verschla­ gen, und es war schön, wenn sie hier wieder einen festen und verlässlichen Partner gefunden hatten. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, ihnen die Teil­ nahme an den Sakramenten zu verwehren. Ich hätte ihnen sonst inneren Trost und die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft genommen. Wir hängen als Kir­ che viel zu oft an der Doktrin. Eine Gemeinde, die Gottesdienst feiert, barmherzig ist, Fremde aufnimmt, das ist doch das Wichtigste. Welche Rolle spielt das jeweilige Kirchenbild: »klei­ ne auserwählte Herde, die ihre ewigen Wahrheiten streng bewahrt«, oder »Volk Gottes auf dem Weg an der Seite der Menschen«? martin königstein sscc: Die Sache steht und fällt mit unserem Selbstverständnis: Wenn mein Auftrag die Bewahrung ewiger Güter ist, dann stelle ich mich entsprechend auf und handle entsprechend. Wenn mein Auftrag die Weitergabe des Lebens ist und dies als Geschenk anzunehmen, die bedingungslose Liebe Gottes zu verkünden, hat das andere Konse­ quenzen. Dann verstehe ich die Heilsgeschichte mit Gott als einen Prozess. Und dann gilt: »Redet so und handelt so wie Leute, die durchs Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. Denn es wird ein unbarm­ herziges Gericht über den ergehen, der nicht Barm­ herzigkeit getan hat; Barmherzigkeit aber trium­ phiert über das Gericht« (Jakobus 2, 12–13). ludger widmaier sscc: Ich glaube, dass die Frage 18 apostel 2/2015 4/2014 nach Ideal und Realität, nach Gesetz und Barmher­ zigkeit sich am Beispiel des Lebens Jesu ausrichten muss, aber auch an den Menschen, denen die Kirche zu dienen hat – und hier besonders an den Armen und Schwachen, den Kleinen und Wehrlosen und den Sündern. Eine Kirchendisziplin und eine pasto­ rale Freiheit müssen sich an den konkreten Situati­ onen von menschlichem Leiden immer wieder mes­ sen lassen und im Angesicht furchtbaren Leidens auch bestehen können. Ich glaube, dass die Frage nach der heilenden Wirkung der Präsenz Jesu inmit­ ten einer verletzten Welt von großer Bedeutung ist. –­ Wie können wir als Kirche, wie können wir als Or­ densgemeinschaft, wie können wir als Christen Jesus und seinen Geist gegenwärtig machen, sodass die Wunden von Menschen Heilung erfahren, dass Menschen in ihrem Leid Trost erfahren, dass Men­ schen inmitten von Sünde und Trennung Gemein­ schaft mit Jesus erfahren. Vielleicht ist das das Krite­ rium, das uns helfen kann, die Fragen nach Ideal und Realität, nach Gesetz und Barmherzigkeit prak­ tisch zu lösen. heinz josef catrein sscc: Viele Menschen – viel­ leicht besonders diejenigen, die sich ihrer selbst und auch ihres Glaubens nicht sicher sind – brauchen offensichtlich klare Regeln, an die sie sich halten können. Dies erklärt – zumindest zum Teil – die Fas­ zination, die fundamentalistische Strömungen in den Religionen auf solche Menschen ausüben. Nun hat die katholische Kirche lange Zeit versucht, das Leben der Katholiken besonders in Fragen der per­ sönlichen Moral klaren Regeln von Falsch und Rich­ tig zu unterwerfen. Wenn man seit dem Zweiten Va­ tikanum nun auf die Eigenverantwortlichkeit, auf die Freiheit der Gewissensentscheidung verweist, führt dies auch zu Verunsicherungen. Wenn erwachsene Christen sich in Glaubensfragen weiterbilden, die Kirche die Wichtigkeit der persön­ liche Gewissens­bildung fördert, und man auch bei Meinungsverschiedenheiten das Gespräch miteinan­ der sucht, entspricht dies dem Ideal des Konzils: »Volk Gottes auf dem Weg« zu sein. n interview und bearbeitung: thomas meinhardt Die ausführlichen Antworten, die wir hier nur in kurzen Aus­ schnitten wiedergeben konnten, und ergänzende Texte finden sich auf www.arnsteiner-patres.de theologischer beitrag Kamel & Nadelöhr Wie passt das größte Tier Palästinas in die kleinste Öffnung? – Eine von vielen Provokationen der Bibel. In der klassischen Übersetzung heißt es: »Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt« (Mt 19,24). Das Ideal und die Unmöglichkeit, es zu erfüllen. Die Schriftgelehrten haben versucht, beides zusam­ menzubringen. In der Stadtmauer von Jerusalem gebe es einen kleinen Durchlass, im Volksmund »Nade­ löhr« genannt, durch den man zur Not ein kleines Kamel schieben könne. Und noch eine andere Erklä­ rung: Es handle sich um zwei gleichlautende Wör­ ter. Denn das griechische »kamilon« kann sowohl Kamel als auch dickes Seil oder Schiffstau bedeuten, sodass der Satz dann lautet: »Eher lässt sich ein di­ ckes Seil in ein Nadelöhr einfädeln, als dass ein Rei­ cher in Gottes neue Welt kommt.« Das Ideal wäre damit gerettet und nicht von Jesus als völlig unmög­ lich dargestellt. © Vadim Svirin – iStock, malerapaso – iStock Schnell landen wir im Grundsätzlichen, wenn wir über ernste Fragen diskutieren, wenn es ums Einge­ machte geht. Gerade auch wenn grundlegende Tu­ genden wie Treue und Erneuerung im Spiel sind, wie derzeit in unserer Kirche. Gilt in jedem Fall das Ide­ al, auch wenn man es nicht erreichen kann? Ist der Fanatiker im Recht, der ohne Rücksicht auf Verluste die Treue zum Grundsätzlichen fordert? Und dabei oft seinen Nächsten nicht mehr kennt. Was sagt die Bibel? Sind die oft genannten Sach­ zwänge nicht nur ein Vorwand, um leichter davon­ zukommen? Wie können wir Jesu Haltung erklären? Das Ideal – oft dargestellt in einer Heilung – er­ scheint nicht von Anfang an, sondern wird über ver­ schiedene Stufen erreicht. Es ist eine Bewegung wie die Besteigung eines Berges. nochmals die Hände auf. »Nun sah der Mann deut­ lich. Er war geheilt und konnte alles genau sehen.« Das sich entwickelnde Ideal wird sichtbar bei der Entstehung des Menschen im Mutterleib. Psalm 139 beschreibt sie fast wie ein wissenschaftlicher Film. »Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll ge­ wirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie alles entstand, in deinem Buch war schon alles verzeich­ net.« Noch plastischer übersetzt Martin Buber aus dem hebräischen Original: »Mein Kern war dir nicht verhohlen, als ich wurde gemacht im Verborgenen, buntgewirkt im untersten Erdreich, meinen Knäuel sahn deine Augen, und in dein Buch waren all sie eingeschrieben die Tage, die einst würden gebildet.« Ein Knäuel sind wir, ein Knäuel, der entwirrt und in Form gebracht wird – unter SEINEM Blick und SEI­ NER Anleitung. Und so geht es mit dem obersten aller Ideale, dem ersten Gebot. »Du sollst den Herrn deinen Gott lie­ ben« und als Weg dahin die Liebe des Nächsten und seiner selbst. Zu diesem Ideal führen viele Wege. Ein kleiner Test kann helfen. Bei uns in Deutschland lässt sich die Situation an zwei Gruppen ablesen, die wie ein Fächer für die eine und die andere Seite ste­ hen: »Forum Deutscher Katholiken« und »Wir sind Kirche«. Wer beide Adressen im Internet aufruft, kann sich nur wundern, was sich alles hinter diesen Portalen verbirgt. Papst Franziskus ist in beiden La­ gern ein gern gesehener Gast. Viele »Realitäten« und die Hoffnung, das dicke Seil ins Nadelöhr zu brin­ gen. Denn wir wissen aus der Bibel: Für IHN ist nichts unmöglich. n friedhelm geller sscc Ein sprechendes Beispiel dafür ist die Heilung eines Blinden (Mk 8,22). »Ich sehe Menschen – sagt er nach dem ersten Versuch –, denn ich sehe etwas, das wie Bäume aussieht und umhergeht.« Jesus legt ihm 2/2015 apostel 19 50 Jahre 50 Jahre Priesterweihe (24. Juli) Pater Heinz Klapsing SSCC Heinz Klapsing wurde 1938 in Gelsenkirchen-Horst geboren. 1960 legte er seine ersten Or­ densgelübde ab und wurde am 24. Juli 1965 in Simpelveld zum Priester geweiht. Anschließend arbeitete er zunächst als Kaplan an der Sühnekirche in Wien und absolvierte dann am Institut für Katechese und Homiletik in München ein Zusatz­ studium. Im Jahr 1972 wurde Pater Heinz nach Pir­ masens versetzt, wo er seine zweite Heimat finden sollte. Dort wirkte er als Fortbildungsleiter für den Religionsunterricht im Bistum Speyer sowie als Pfarrer der Pfarreien Christ König und St. Anton. 1995 – nach 23 Jahren – wechselte Pater Klapsing ins Klos­ ter Arnstein, wo er Pfarrer von Arnstein und später auch von Nassau und Winden wurde. 2009 wurde er Superior unserer Gemeinschaft in Werne und unter­ stützte bis Anfang 2014 als Kooperator die Pfarrei St. Benedikt in Herbern. Im Jahr 2015 wurde Pater Klapsing wiederum in den Provinzrat, das Leitungs­ gremium der Ordensprovinz, gewählt. 60 Jahre 60 Jahre Priesterweihe (24. Juli) und 90. Geburtstag (26. Juli) 50 Jahre familie sscc 50 Jahre Priesterweihe (24. Juli) Pater Friedhelm Geller SSCC Friedhelm Geller wurde 1939 in Sundern geboren. 1960 legte er seine Ordensgelübde ab und wurde gemeinsam mit Heinz Klapsing am 24. Juli 1965 in Sim­ pelveld zum Priester geweiht. Danach setzte er in Wien und Münster seine Studien für das höhere Lehramt fort und unter­ richtete anschließend an unseren Schulen in Lahn­ stein und Werne. Von 1977 bis 1982 war er General­ sekretär der Ordensgemeinschaft in Rom. Nach Deutschland zurückgekehrt, hatte er neben der Tä­ tigkeit in der Schule viele Ämter inne: Superior in Münster und Werne, Provinzvikar und auch Öko­ nom in Werne. Die Leser dieser Zeitschrift kennen ihn als Redakteur des früheren Apostel Jahresheftes und auch als Verfasser vieler Beiträge in den Heften der letzten Jahre. Intensive Studien unserer Ordens­ geschichte und Spiritualität sowie Übersetzungen der wichtigsten Damian-Bücher machten ihn zu einem Experten auf diesem Gebiet. Pater Friedhelm gab in allen Kontinenten Kurse für unsere sich in der Ausbildung befindlichen Schwestern und Brü­ der. Eine ernste Erkrankung fesselt ihn in den letz­ ten Jahren mehr und mehr an seinen Wohnort Werne. Dennoch leistet er der Provinz immer noch viele unersetzliche Dienste als Berater, Autor und Übersetzer. Pater Raymund Baranek SSCC Raymund Baranek, der Älteste unserer Jubilare, wurde am 26. Juli 1925 in Wartha in Schlesien geboren. Er ist einer der letzten Patres, die noch unsere Missions­ schule in Falkenhain (Schlesien) besucht haben. Nach seiner Rück­ kehr aus der Kriegsgefangenschaft begann er sein Noviziat und legte 1950 in Burgbrohl seine ersten Ordensgelübde ab. Am 24. Juli 1955 wurde er in Simpelveld zum Pries­ ter geweiht. Einen großen Teil seines Lebens ver­ brachte Pater Raymund als Lehrer am Johannes­Gymnasium in Lahnstein: von 1956 bis 1975 und noch einmal von 1982 bis 1989. Generationen von Schülern hat er in Latein und Religion unterrichtet. Zwischendurch wirkte er von 1975 bis 1982 als Pfar­ rer in Arnstein sowie als Vikar des Superiors in Arn­ stein und Lahnstein. Nach dem Schuldienst diente er weitere zwölf Jahre lang der Kommunität des Jo­ hannesklosters in Lahnstein als Ökonom, ehe er im März 2006 in die Kommunität nach We­rne zog. Arnstein/New York Website bietet neue Videos Auf der Website www.arnsteiner-patres.de finden sich ein Videoclip und eine kleine Diashow über die Jubiläumswallfahrt am 10. Mai zum Kloster Arnstein sowie ein kurzes Video über die Einweihung des Pater Damian-Weges in New York mit prominenten Gästen. Schauen Sie mal auf die­ Website, dort finden Sie auch regelmäßig neue Nachrichten, wöchentliche geistliche Im­pulse und vieles mehr. 2/2015 apostel 20 familie sscc Provinzkapitel 2015 Pater Heinz Josef Catrein er­neut zum Provinzial gewählt Ordensgemeinschaften sind entgegen vielen Vorur­ teilen sehr demokratische Institutionen. Die Mitglie­ der wählen ihre Provinzleitung für drei oder sechs Jahre und bestimmen gemeinsam die Schwerpunkte der Arbeit. In unserer Ordensgemeinschaft sind die Provinzkapitel das höchste Entscheidungsgremium. Die Teilnehmer werden von allen Or­densan­gehörigen in geheimer Wahl gewählt. Hinzu kommen von Amtes wegen die Mitglieder der aktuellen Provinz­ leitung. Zudem ist es üblich, dass bei den Kapiteln ein Mitglied der Generalleitung anwesend ist. In die­ sem Jahr fand der erste Teil des Kapitels vom 7. bis 10. April in Werne statt. Die Wahl der Provinzlei­ tung verlief sehr zügig, und die bisherige Provinzlei­ tung wurde bis auf eine Ausnahme bestätigt. Pater Ernst Schmitt schied aus dem Provinzrat aus, Pater Arne Marco Kirsebom aus Norwegen wurde neu hi­ neingewählt. Das Kapitel wurde mit Gesprächen und durch Fragebögen in den Kommunitäten vorbe­ reitet, hinzu kamen zwei vorbereitende Sitzungen. Jeder Mitbruder hat die Möglichkeit, Briefe und An­ träge an das Kapitel zu richten. Neue Herausforderungen in Arnstein Den Kapitelsmitgliedern war im April sehr klar, dass schwierige Fragen zu lösen sind. Die Altersstruktur wird immer ungünstiger. Mitbrüder scheiden auf­ grund von Alter und Krankheit aus und können nicht ersetzt werden. Eine andere Herausforderung ist die Situation in Kloster Arnstein. Die Klosterkir­ che weist erhebliche Bauschäden auf und muss reno­ viert werden. Für die Renovierung ist das Land Rheinland-Pfalz zuständig, dem die Kirche gehört. Mit den Arbeiten wird 2017 begonnen. Man plant mehrere Bauperioden, die erst 2024 (hoffentlich!) ganz abgeschlossen sein werden. Das hat einschnei­ Die Provinzleitung der Arnsteiner Patres (v. l.): Martin König­ stein SSCC, Peter Egenolf SSCC, Heinz Josef Catrein SSCC, Heinz Klapsing SSCC, Arne Marco Kirsebom SSCC dende Konsequenzen: Teile des Klostergeländes werden zur Baustelle, die Kirche ist nur sehr be­ grenzt zugänglich, Leben und Arbeiten in der bishe­ rigen Form sind nicht möglich. Das Kapitel sprach den Wunsch aus, in Arnstein weiterhin präsent zu bleiben, und berief eine Arbeitsgruppe, die einen Vorschlag für die Herbstsitzung des Kapitels machen soll. Im Blickpunkt ist vor allem eine neue und in­ tensivere Zusammenarbeit zwischen Kloster Arn­ stein, der Pfarrei Bad Ems-­Nassau und der Citykir­ che in Koblenz. Mitbrüder aus Afrika unterstützen uns Die Frage der Zukunft von Kloster Arnstein ist auch mit einer anderen Frage verbunden. Die Generallei­ tung wünscht, dass bis zu drei Mitbrüder der Pro­ vinz Afrika nach Deutschland kommen. Sie würden für neue Projekte zur Verfügung stehen. Das ist zu­ nächst eine verlockende Perspektive, aber auch eine riesige Herausforderung. Die Integrierung dieser Brüder aus der Weltkirche in unsere Arbeit ist keine einfache Sache, auch weil es uns an Erfahrungen fehlt. Aber: Wir wollen den Versuch wagen. Heinz Josef Catrein SSCC Werne Von der Schwindsuchtallee ins neue Provinzialat Im Jahr 1962 fertigte der niederländische Bildhauer Frans Griesenbrock eine Damianstatue für das da­ malige Studienhaus der Ordensgemeinschaft in Sim­ pelveld in den Niederlanden. Die Statue fand ihren ersten Platz in der sogenannten »Schwindsuchtal­ lee« – einem Teil des Gartens, in dem früher die tu­ berkulosekranken Mitbrüder ihre Liegekuren und Spaziergänge machten. 1963 gab es keine Tuberku­ lose mehr in den Klöstern, aber der Name hielt die Erinnerung an alte, schlimme Zeiten wach. In Simpelveld »wanderte« Damian später von der Schwindsuchtallee in den Park. Beim Verkauf des Hauses wurde die Figur mitge­ nommen und am Eingang des Provinzialates in Lahnstein aufgestellt, wo sie bei Hochwas­ ser auch einmal nasse Füße bekam. Nun hat »Pater Damian« wieder einen Um­zug hinter sich. Seit dem Herz-Jesu-Fest 2015 begrüßt er am Eingang des Provinzialates in Werne Bewohner und Gäste. 2/2015 apostel 21 wie kann das sein? ordentlich zugepflastert festgefahren versteckt in einer fuge die rose außerordentlich Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen. Matthäusevangelium 6,33 Unsere Niederlassungen in Deutschland Arnsteiner Patres, Provinzialat Kardinal-von-Galen-Straße 3 ■ 59368 Werne Tel.: 0 23 89  97 01 50 ■ Fax: 0 23 89  97 01 27 provinzialat@sscc.de Arnsteiner Patres Bohlweg 46 ■ 48147 Münster Tel.: 02 51  48 25 33 ■ Fax: 02 51  4 82 53 59 Muenster@sscc.de Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen (zur polnischen Provinz gehörig) Immenstädter Straße 50 ■ 87435 Kempten Tel.: 08 31  5 12 36 80 ■ Fax: 08 31  51 23 68 19 Kloster Arnstein 56379 Obernhof / Lahn Tel.: 0 26 04  9 70 40 ■ Fax: 0 26 04  16 06 Kloster.Arnstein@sscc.de Arnsteiner Patres Jesuitenplatz 4 ■ 56068 Koblenz Tel.: 02 61  9 12 63-0 Koblenz@sscc.de Niederlassung der Deutschen Provinz in Belgien: Pères des Sacrés Coeurs Quai de Brabant, 38/5 ■ B-6000 Charleroi Tel.: 00 32  71  70 02 46 www.arnsteiner-patres.de