Bericht aus Mexiko

Rodrigo Alcántara SSCC

"Wie geht es den Armen in der Pandemie und was wünschen sie sich für die Zukunft?“

Die Prognosen der Ökonomie für die Länder der sogenannten „Dritte Welt“ für die Zeit nach der Pandemie sind dramatisch. Jenseits der Statistik, die die Medien ständig veröffentlichen, über das BIP, den Preis des Erdöls, den Dollar oder Euro etc., treffen wir in Mexiko auf Menschen, die Tag für Tag hart arbeiten müssen um sich ein Stück Brot leisten zu können. Diese Leute kämpfen wirklich jeden Tag ums Überleben. Nach offiziellen Zahlen gibt es in Mexiko mehr als 50 Millionen Menschen, die in Armut leben. Davon leben 8% in extremer Armut. Die meisten von ihnen sind abhängig von “informellen Jobs”, das sind Aktivitäten ohne Arbeitsvertrag. Entweder wird die Person nur durch mündliche Abmachung genommen bei einem Bau oder einer anderen Arbeit oder die Person selber fängt mit einem kleinen Geschäft an, wie Straßenverkauf; aber auch das ist informell. Die Leute beantragen keine Erlaubnis von der Stadt, um diesen Betrieb zu starten. Das Angebot besteht normalerweise aus Essen (Fastfood), Snacks oder Bonbons. Größere Geschäfte kommen nicht in Frage.

Für alle ist die Quarantäne schwierig, aber für diese 50 Millionen Mexikaner ist die Einschränkung besonders hart gewesen. Die Regel dieser Zeit “Bleib Zuhause” bedeutete für die Armen den völligen Einkommensverlust, denn bei den Straßenverkäufern ist der Absatz auf Grund der wenigen Leute auf der Straße dramatisch gesunken. Das ist ein Trauerspiel, da die Ernährung vieler Familien ganz von diesem Absatz abhängt und wenn an einem Tag kein Geld verdient wird, gibt es für diese Familie auch kein Essen. Letztendlich überleben viele dieser Menschen nur auf Grund menschlicher Solidarität.

Was wünschen sich diese Menschen für die Zukunft?

An erster Stelle, dass die Quarantäne endet. Es ist nicht länger möglich mit dieser Situation zu leben. Viele von diesen 50 Millionen Menschen leben in kleinen Häusern, manche zu mehreren in einem Zimmer von nicht mehr als 16 Quadratmetern. In Guadalajara ist vorgesehen, dass die Quarantäne bis 31. Mai dauern wird. Aber viele Menschen sind bereits seit Anfang Mai auf der Straße, weil ihre Haushaltung nicht mehr zum Leben reicht. 

Das Leben nach der Pandemie wird hart sein, und deshalb hoffen die Leute, vom Staat eine effektive Hilfe zu ihrem Lebensunterhalt zu bekommen, was auch Medikamente umfasst. Denn außer Corona gibt es viele andere Krankheiten, die unbehandelt ebenfalls tödlich sind, wie Diabetes, an der ca. 10 Mio. Mexikaner leiden.

Viele Leute wünschen sich, dass eine radikale Wende nach der Pandemie stattfindet. Dass die Kluft, die Ungleichheit zwischen Reichen und Armen verschwindet. Zweifellos muss das Wirtschaftsmodell sich ändern. Nicht länger dieses Modell, das eine kleine Gruppe sehr reich macht, während die Anderen immer ärmer werden. Das erfordert jedoch eine andere Mentalität, mehr Solidarität, mehr Menschlichkeit untereinander. Hoffentlich ändert sich der Mensch nach dieser Situation, wird emphatischer, solidarischer, menschlicher, empfindsamer. Mit sich selbst, aber auch mit der ganzen Schöpfung, denn unser gemeinsames Haus muss jetzt und in der Zukunft wahrlich als Geschöpf behandelt werden.