60800 Apostel Zeitschrift der Arnsteiner Patres Ausgabe 1/2015 Von Holland nach Deutschland über Neuguinea Die ungewöhnliche Vorgeschichte der Deutschen Provinz SSCC Weitere Themen Mit Kindern über Gott reden: Flüchtlingskinder – unsere Nachbarn Geistlicher Wegbegleiter für April, Mai und Juni Arnsteiner Wallfahrt 2015 »Habt Vertrauen, fürchtet euch nicht!« (Mt 14,27) Die »Wallfahrtsaison« erstreckt sich wie in jedem Jahr von Mai bis Sep­ tember. Eröffnet wird die Wallfahrtszeit am 6. Mai. Inhalt Elternseiten 4 Familie SSCC – Von Holland nach Deutschland über Neuguinea 6 Geistlicher Wegbegleiter 9 Theologischer Beitrag 17 Nachrichten 18 Der »Apostel« erscheint vierteljährlich und wird von unserer Ordensgemeinschaft seit 1895 erstellt. Interessierte können ihn im Pro­ vinzialat bestellen und erhalten ihn ohne Rechnungsstellung zugesandt. Wir freuen uns über Spenden, die uns helfen, diese Form der Verkündigung fort­ zusetzen. Eine Spende ist aber keine Vorausset­ zung für den Bezug. g/Zahlschein SEPA-Überweisun BIC n in Für Überweisunge in andere Deutschland, ten und EU-/EWR-Staa in Euro. in die Schweiz immer 22 Stellen) 0 1 0 5 6 1 2 0 0 1 5 0 6 n in Deutschland Kardinal-voneiner Patres e.V., Werne n-Straße 3, 59368 1506 5612 0010 : DE 8651 0500 Swift: NASSDE55 Lahnstein sauische Sparkasse , bei Überweisunge IBAN (des Kreditinstituts 1 0 5 0 D E 8 6 5, 8 oder 11 Stellen) BIC (des Kreditinstituts E 5 5 N A S S D IBAN mit dem kann zusammen EUR als Dieser Abschnitt 200,– Spenden bis zu Bankbeleg bei Finanzamt einigung für das 200,– EUR Spendenbesch Für Spenden über ng. verwendet werden. eine eigene Spendenquittu Ihnen übersenden wir ) (Kontoinhaber Prüfziffer BLZ Kontonummer (ggf. links mit Nullen auffüllen) Bankverbindung: Arnsteiner Patres e. V., Nassauische Sparkasse Lahnstein, Stichwort: »Spende Apostel«, IBAN: DE 8651 0500 1506 5612 0010, SWIFT-BIC: NASSDE55 Bei Spenden bis zu 200 Euro genügt dem Finanzamt der Kontoauszug als Beleg. Wir senden bei Bedarf oder bei höheren Beträ­ gen aber auch gerne Spendenbescheini­ gungen zu. Wallfahrtsonntage Große Wallfahrten finden 2015 an folgenden Sonntagen statt: 7. Juni, 14. Juni, 21. Juni und 28. Juni. Dazu können auch Busse angemeldet werden. Für die Fahrt im Bus stellen wir Ihnen CDs mit Gebeten, Be­ trachtungen und Liedern zur Verfügung. In Arnstein bieten wir Ihnen auch einen kleinen Imbiss an. Wallfahrten an den Werktagen Von Mai bis September heißen wir Sie jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag herzlich als Pilger in Arnstein willkommen. Mit Ausnahme der beiden Feiertage, Christi Himmelfahrt und Fronleichnam können Sie nicht nur geistliche, sondern bei Voranmeldung auch weltliche »Wegzehrung« erhalten. Für Gruppen bieten wir auf Anfrage ein eige­ nes Programm an. Bitte unbedingt anmelden! Weitere Informationen und Anmeldungen: Kloster Arnstein, Pater Bernhard Bornefeld, 56379 Obernhof/Lahn, Tel.: 0 26 04 97 04­0, Fax: 0 26 04 97 04­26, E­Mail: bernhard.bornefeld@sscc.de, www.arnsteiner­patres.de Oasentag in Kloster Arnsteiner Herzliche Einladung zu dem Oasentag »Schweigen und Geheimnis« am Samstag, 25. April 2015, 9.30 bis 16.30 Uhr in Kloster Arnstein Referierende: Pater Peter Harr SSCC, Theresa Zimmer Anmeldung: Bis zum 15. April (Adresse s. o.) Pilgerzug und Fußwallfahrt nach Arnstein Am 10. Mai 2015, dem Gedenktag des heiligen Damian De Veuster, wird ein Pilgerzug von Köln nach Kloster Arnstein unterwegs sein – 90 Jahre, nachdem der erste Pilgerzug im einzigen deutschen Herz­Jesu­ Wallfahrtsort eintraf. Parallel dazu laden wir zu einer Fußwallfahrt von Nassau nach Kloster Arnstein mit mehreren Stationen ein. Nähere Informationen und eine Anmeldekarte entnehmen Sie bitte dem dieser Zeitschrift beiliegenden Faltblatt. Weitere Informationen auf www.arnsteiner-patres.de Impressum Apostel (ISSN 1611­0765) Herausgeber: Provinzialat der Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens (Arnsteiner Patres e. V.), Kardinal­von­Galen­Straße 3, 59368 Werne, Tel.: 0 23 89 97 01 50, Fax: 0 23 89 97 01 27, E­Mail: provinzialat@sscc.de, Internet: www.arnsteiner­patres.de SSCC ist die Abkürzung der Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen, in Deutschland als Arnsteiner Patres und auch als Picpus (nach der Straße des Mutterhauses in Paris) bekannt. Redaktion: Heinz Josef Catrein SSCC (verantw.) • Martin Königstein SSCC • Kerstin Meinhardt • Thomas Meinhardt • Ludger Widmaier SSCC Weitere Mitarbeitende dieser Ausgabe: Friedhelm Geller SSCC, Werne • Gabriel Simon SSCC, Münster • Hans­Ullrich Willms SSCC, Münster Verlag: Meinhardt, Magdeburgstraße 11, 65510 Idstein, Tel.: 0 61 26 9 53 63­0, Fax: 0 61 26 9 53 63­11, E­Mail: info@meinhardt.info, Internet: www.meinhardt.info Erscheinungsort: Werne Auflage: 6.000 Exemplare, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Umschlag: Titel: © Aleksandar Mijatovic – Fotolia; Rückseite: Text und Bild © Manfred Kollig SSCC, Münster Bildnachweise: Auf der Doppelseite, auf denen die Abbildungen Verwendung fanden; Bilder ohne Nachweis: Archive der Ordensgemeinschaft und der Firma Meinhardt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung von Herausgeber und Redaktion wieder. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine Haftung übernommen werden. Die Zeitschrift »Apostel« kann kostenfrei beim Herausgeber (Adresse siehe oben) abonniert werden. Über eine Spende, die uns hilft, einen Teil der Herstellungskosten zu finanzieren, freuen wir uns sehr. Bankverbindung: Arnsteiner Patres e.V., Nassauische Sparkasse Lahnstein, Stichwort: »Spende Apostel«, IBAN: DE 8651 0500 1506 5612 0010, SWIFT­BIC: NASSDE55 2 apostel 1/2015 Früh- und Spät­ schichten in Münster Nach den Frühschichten sind alle zum gemeinsamen Frühstück und nach den Spätschichten zum gemeinsamen Zu­ sammensein mit der Kommunität ein­geladen. Kontakt: Arnsteiner Patres, Bohlweg 46, 48147 Münster, Tel.: 02 51 48 25 33 Die nächsten Frühschichten: freitags um 6.45 Uhr am 3. April und 8. Mai Die nächsten Spätschichten: mitt­ wochs um 19.30 Uhr am 15. April und 20. Mai Gottesdienst und Sommerfest: ab 18.30 Uhr am 12. Juni für alle Teilneh­ menden der Früh- und Spät­schichten Musikalische Leckerbissen in Koblenz Die Citykirche in Koblenz am Jesui­ tenplatz, die von der Kommunität der Arnsteiner Patres betreut wird, lädt im April und Mai zu besonderen musika­ lischen Angeboten ein: Musikalisches Mittagsangebot »Intermezzo« Alle 14 Tage mittwochs von 13.30 bis 13.50 Uhr: »Intermezzo« lädt dazu ein, den Alltag für zwanzig Minuten mit Musik des 20. Jahrhunderts zu un­ terbrechen. Der Eintritt ist frei. Beginn: 15. April 2015, 13.30 Uhr oben © awelina/fotolia Los Masis zu Gast in der Citykirche In Sucre (Bolivien) gibt es seit 1969 das Kulturzentrum »Los Masis« (Leute wie du und ich). Zur Zeit beschäftigen sich dort etwa 100 Kinder und Ju­ gendliche mit der Kultur ihres Volkes (Sprache, Musik, Bräuche, Kleidung usw.). Eine Gruppe aus dem Kultur­ zentrum kommt nach Deutschland, um hier von der Arbeit im Zentrum zu erzählen und uns an der Schönheit der Musik aus den Hochanden teil­ nehmen zu lassen. Freitag, 8. Mai, 19 Uhr in der Citykir­ che. Eintritt frei – Spenden erbeten. (Informationen zu weiteren Angebo­ ten der Citykirche finden Sie unter: www.citykirche.sscc.de) Ein Teller Spaghetti – oder: Alles hängt zusammen Ein Teller Spaghetti ist ein Augenschmaus: Das satte Gelb der Nudeln, das Rot der Tomaten, das zarte Grün der Salbeiblättchen locken unwiderstehlich. Hinzu kommen die Düfte: Oregano oder Basilikum, gebratenes Hackfleisch oder Meeresfrüchte, Parmesan oder Gorgonzola kitzeln die Nase und regen den Speichelfluss an. Man greift erwartungs­ voll zum Essbesteck, packt sich ein paar der Nudeln, rollt sie im hohlen Löffel zu einem Knäuel und führt die Gabel zum Munde. Doch das gelingt nicht immer: Günstigstenfalls tropft ein bisschen Soße auf die Serviette, schlimmstenfalls verlässt man mit einem reinigungsbedürftigen Hemd den Ort des Genusses und hinterlässt ein beflecktes Tischtuch. Man merke sich: Ein Teller Spaghetti ist ein komplexes Gebilde. Alles hängt irgendwie zusammen, und wer dies nicht erkennt, hat bald rote Ränder auf der weißen Bluse und dunkle Flecken auf dem Jackett. Für mich ist ein Teller Spaghetti ein Bild für unsere Welt. Alles hängt zusammen: meine Heizung und der Anstieg der Ozeane, mein billiges Hemd und die Armut der Näherinnen in Bangladesch, mein Fleisch­ konsum und die Veränderung der Ozonschicht. Auch für die religiöse Welt trifft dies zu. Unser Glaube hat vielerlei Seiten, die alle miteinander verbunden sind. Es gibt Menschen, denen dies alles zu kompliziert ist. Sie suchen einfache Lösungen und Sündenböcke für alles, was sie stört. Wir nennen dieses Verhalten fundamentalistisch. Es ist die Haltung, die hinter den Morden des »Islamischen Staates« steht, hinter fremdenfeindlichen Parolen oder im kirchlichen Bereich hinter den Bestrebungen, der Kirche wieder eine Gestalt zu geben, die sie vor 60 Jahren – vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil – hatte. Doch: Vereinfachungen helfen nicht. Die Wirklichkeit ist leider kompliziert. Beim Teller Spaghetti gibt es eigentlich nur eine Regel: gut hinschauen, keine allzu großen Portionen auf einmal, langsam und konzentriert essen. Alles andere mindert den Genuss, verschmiert den Mund oder versaut die Kleidung. Das gilt auch für unsere sozialen, politischen und religiösen Probleme. Alles hängt zusammen, und deshalb gilt auch hier die »Spaghettiregel«: gut hinschauen – überschaubare Portionen nehmen – langsam und konzentriert handeln. Das verhindert Flecken und noch mehr: Es kann dann ein Genuss werden. So wünsche ich Ihnen ein befreiendes Osterfest Ihr Pater Heinz Josef Catrein SSCC 4/2014 apostel 3 Von weit her und doch ganz Flüchtlingskinder Der kleine tamilische Junge schmierte sich Nutella fingerdick aufs Brot. Ich beobachtete ihn und sagte: »Iss Nutella, damit du braun bleibst« – der Herr verzeihe mir meine Dummheit! Er schaute auf meinen Teller, sah die Brotscheibe mit Käse und antwortete: »Pater, iss Käse, damit du weiß bleibst.« Seine Schlagfertigkeit imponierte mir und beschämte mich. Wir Europäer fühlten uns oft überlegen. Die brutale Überheblichkeit zeigt sich in vielen Ausdrücken und Liedern. Wir nannten Schwarze »Bimbo« oder »Ruß­ nickel« und sangen als Jugendliche mit Begeiste­ rung: »Negeraufstand ist in Kuba …« Auch die fromme Variante gab es: zum Beispiel den »Nickne­ ger« an der Krippe, der ewig mit dem Kopf wackeln musste, um sich für unsere Groschen zu bedanken. Unbedacht wurden – scheinbar harmlose – rassisti­ sche Motive benutzt: der »Mohr« einer bekannten Schokoladenfirma oder die Süßigkeit, die einmal »Negerküsse« hieß und für die uns heute noch oft kein anderer Name einfällt. Als ich – Jahrgang 1950 – aufwuchs, kannte ich keine ausländischen Kinder. Kinder, die heute aufwachsen, machen ganz andere Erfahrungen. Schon im Kinder­ garten treffen sie dunkelhäutige Flüchtlingskinder aus Eritrea, muslimische Jungen und Mädchen mit Kopftüchern aus Syrien oder die Kinder der Sinti und Roma aus Bosnien. Kinder leben mit Kindern ande­ rer Herkunft früh zusammen und dies ist für sie zu­ meist gar kein Problem. Sie spielen und leben unbe­ fangen miteinander. Doch irgendwann beginnen die Schwierigkeiten, und ich möchte den klaren Ver­ dacht äußern, dass die Vorurteile aus den Reihen der Erwachsenen kommen und von dort ins Leben der Kinder eindringen. Also: Fangen wir bei uns an! Respektvoll reden Stellen Sie sich vor, ein Ausländer würde Deutsche einfach als »Nazis« bezeichnen. Sie wären mit Recht empört, weil sie korrekt angesprochen werden möch­ ten. Wir aber sprechen von Zigeunern oder Schwar­ zen und denken uns fast nichts dabei. Wir nennen Afrikaner »Bimbos« und finden uns noch lustig. Mit den unkorrekten Bezeichnungen werden auch fal­ sche Botschaften übermittelt: »Die kommen nur, um unser Geld zu holen, die sind faul, die klauen.« Ich denke, eine vorurteilsfreie Erziehung fängt mit der Sprache an, und da sündigen wir mehr, als uns be­ wusst ist. Kontakte knüpfen Kinder haben keine Berührungsängste. Machen Sie sich dies zunutze und laden Sie die neuen Freunde nach Hause ein, zum Beispiel zu einem Kinderge­ burtstag. Spiele und gemeinsames Basteln können leicht Sprachschwierigkeiten ausgleichen. Sprechen Sie die neuen Nachbarn an, ohne sie gleich mit Hilfsangeboten zu überschütten, weil dies erschre­ cken kann. Zeigen Sie einfach, dass Sie sie mit Wohl­ wollen wahrnehmen. Zudem: Sportvereine, Kinder­ chöre oder Messdienergruppen sind ausgezeichnete Werkzeuge, um ausländische Kinder zu integrieren. Wichtig ist auch die Erziehung zur Toleranz. Religi­ öse Traditionen, Speisevorschriften und die Art, sich zu kleiden, dürfen nicht Gegenstand des Spottes werden. Auch wir wollen respektiert werden, und schließlich empfindet man in vielen Teilen der Welt auch Sauerkraut nicht unbedingt als Delikatesse. 4 apostel 1/2015 nah – unsere Nachbaren Land und Leute kennenlernen Vorurteile sind meistens Resultate von Unwissen­ heit. Fangen Sie bei ihren eigenen Kindern an und erzählen Sie ihnen, was in den Ländern los ist, aus denen die Flüchtlingskinder stammen. Syrien ist ein aktuelles Beispiel. Fragen Sie beim Frühstück, ob sich Ihre Kinder vorstellen können, wie es wäre, wenn sie plötzlich aus dem Haus müssten, weil mit Kanonen auf die Stadt geschossen wird. Sie dürften nicht mehr als einen Rucksack mitnehmen und wüssten nicht, ob sie jeweils wieder nach Hause kämen. Gute Kinderbücher gibt es zu allen Themen: zur Ju­ denverfolgung, zur Situation von Kindern in »Ent­ wicklungsländern«, zur Lage von Minderheiten in Europa. Das Bischöfliche Hilfswerk »Misereor« bie­ tet eine Fülle von Material an: Kinderbücher, Spiele und sogenannte Stickerbücher, in die Kinder Flag­ gen oder Bilder einkleben und eine Menge über fremde Länder lernen (www.misereor­medien.de). Hilfe anbieten Kinder erleben schnell die Hilflosigkeit ihrer neuen Kameraden. Halten Sie ihre Kinder zur Geduld an, ermahnen Sie den Nachwuchs, sich nicht über Sprachfehler lustig zu machen. Kinder sind oft dankbar, wenn man ihnen bei den Hausaufgaben hilft, Eltern ausländischer Kinder haben häufig Pro­ bleme im Umgang mit Behörden. Mitunter ist die materielle Not groß. Wer Kinder hat, hat auch das Problem mit Kleidern, die zu klein geworden sind oder mit Spielsachen, die unbenutzt herumliegen. Bieten Sie diese Ihren neuen Nachbarn an, aber nur das, was Sie auch Ihren eigenen Kindern anziehen würden. »Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken (…), denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen« (Lev 19,33f.). Dieser Satz ist eine klare Handlungsanweisung, aber auch ein weites Tor zu neuen Erfahrungen, für Alt und Jung. n heinz josef catrein sscc Ich aus habe Freunde as ist D t. el W en der ganz rch sie viel toll, weil ich du ecke. Neues entd Für die Fremden beten Die Heilige Schrift zeigt uns: Gott liebt alle Men­ schen in gleicher Weise. Unser Gebet ist der beste Weg, sich die Gesinnung Jesu anzueignen und das Herz für Gott und den Bruder zu öffnen. Dieses Gebet kann ganz schlicht sein. Das »Vater unser« beim Abendgebet kann etwa dergestalt eingeleitet werden: »Jetzt beten wir noch für die Kinder auf den Philippinen, denen der Sturm das Haus weggeblasen hat« oder »Wir beten für deine neuen Freunde Fati­ ma, Ali und Chrishanty, damit sie in Deutschland gut zurechtkommen«. 1/2015 apostel 5 titelthema Simpelveld Kloster Arnstein »Von Holland nach Deutschland über Neuguinea« Die ungewöhnliche Vorgeschichte der Deutschen Provinz SSCC Der Erste Weltkrieg, diese Urkatastrophe des 20. Jahr­ hunderts, und seine Folgen sind bis heute prägend für die politische und gesellschaftliche Situation in Europa, aber auch im Nahen und Mittleren Osten. Im Rahmen der Erinnerung an den hundertsten Jah­ restag des Beginns des Ersten Weltkrieges im letzten Jahr wurde der »Mantel der Geschichte« für viele erstmals ein wenig gelüftet. In den Blickpunkt der Öf­ fentlichkeit geriet eine Zeitspanne, die für die meis­ ten »graue Vorzeit« zu sein scheint. Im Rückblick zeigt sie sich jedoch als Ausgangspunkt für wesentli­ che politische und gesellschaftliche Veränderungen und markiert einen entscheidenden Wendepunkt für Kirchenpolitik und -praxis in der Welt wie auch in Deutschland. von Missionaren die Erlaubnis für die Errichtung eines Missionshauses in Deutschland zu erhalten. Über diesen Umweg wollte man in Deutschland Fuß fassen. Nachdem bereits mehrere Versuche geschei­ tert waren, schien über die Zuweisung eines Missi­ onsgebietes in der deutschen Kolonie in Neuguinea endlich der erhoffte Durchbruch zu gelingen. Die zu­ künftigen Missionare wurden Ende Juli 1914 in Sim­ pelveld (Niederlande) feierlich verabschiedet und wollten sich in Genua mit dem über Monate hin zu­ sammengestellten Material nach Neuguinea ein­ schiffen. Doch der Beginn des Ersten Weltkrieges am 1. August änderte alles. Das Schiff mitsamt allem Ma­ terial wurde beschlagnahmt, eine Ausreise war nicht mehr möglich. In ganz besonderer Weise gilt dies für die deutschen Mitglieder der Ordensgemeinschaft von den Heiligs­ ten Herzen Jesu und Mariens, SSCC. Als französi­ sche Gründung und in Folge der Kulturkampfgesetze unter Bismarck hatten sie keine Möglichkeit, sich in Deutschland niederzulassen, geschweige denn eine Deutsche Provinz der Gemeinschaft zu gründen, ob­ wohl bis 1914 schon rund 300 Deutsche in Frankreich und Belgien in den Orden eingetreten waren. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es nur die Möglichkeit, ein Missionsgebiet in den deutschen Kolonien zugewie­ sen zu bekommen und zum Zweck der Gewinnung Über die Hintergründe dieser Entwicklung und wie es dann doch noch gelang, eine Deutsche Provinz SSCC zu gründen, befragten wir Pater Gabriel Simon SSCC. Pater Gabriel forscht seit Jahren zur Geschichte der Ordensgemeinschaft und speziell zur Vorgeschichte der Gründung der Deutschen Provinz. Was trocken klingt, wird durch seine Schilderung zu einem span­ nenden Einblick in eine Epoche, der es erleichtert, ei­ nige gesellschaftliche, politische und kirchliche Ent­ wicklungen in den letzten hundert Jahren besser zu verstehen. Die Fragen stellte unser Redakteur ­Thomas Meinhardt. Neuguinea 6 apostel 1/2015 © picture-alliance / akg-images Bismarck und Papst Pius IX., Kulturkampf 1871–1889. Holzstichkarikatur von Wilhelm Scholz aus Kladderadatsch, 1875. Pater Gabriel, warum war noch Anfang des 20. Jahrhunderts die Übernahme eines Missionsgebietes die Voraussetzung für die Errichtung einer Ordensniederlassung in Deutschland? Und warum strebten die deutschen Mitglieder SSCC überhaupt die Errichtung einer Deutschen Provinz an, wo doch die katholische Kirche eine internationale, weltumspannende Organisation ist? Hintergrund dafür war die Situation der katholi­ schen Kirche in Deutschland am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die gekennzeichnet war durch den sogenannten Kulturkampf. Aus­ gangspunkt für diese Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche war die Entscheidung des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/1870) über die Unfehl­ barkeit des Papstes. Hierin sah der deutsche Reichs­ kanzler und preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck die Gefahr einer Einschränkung der staat­ lichen Souveränität. Diese Einschätzung hatte dann die ab 1871 erlassenen Kulturkampfgesetze zur Folge, die auf eine Einschränkung der Freiheit der Kirche auf fast allen Gebieten abzielten. Von diesen Maß­ nahmen waren die katholischen Orden besonders stark betroffen. 1872 wurde für das ganze Deutsche Reich das »Jesuitengesetz« erlassen: »Jesuiten und verwandte Orden« wurden aus Deutschland ausge­ schlossen. Durch das Klostergesetz von 1875 wur­ den in Preußen alle Klöster und Orden mit Ausnah­ me der Kranke pflegenden Gemeinschaften aufgeho­ ben und ausgewiesen. Für die künftige Zulassung von Orden in Preußen war für jede einzelne Nieder­ lassung eine jederzeit widerrufliche Genehmigung erforderlich. Klöster, die ausländischen Oberen un­ terstellt waren, sollten nicht zugelassen werden. Das traf auch und besonders für unsere Ordensgemein­ schaft zu, deren deutsche Mitglieder ja einer auslän­ dischen, sprich französischen, Gemeinschaft ange­ hörten und keine eigene Organisation unter deut­ scher Leitung hatten. Unfehlbarkeitsdogma und Kulturkampf Wenn auch in den Jahren 1880 bis 1887 die Kultur­ kampfgesetze allmählich abgebaut wurden, so blie­ ben doch noch für viele Jahre zahlreiche Hindernis­ se für die Rückkehr oder Zulassung von Ordensge­ meinschaften bestehen. Eine neue Situation ergab sich mit dem Eintritt des Deutschen Reiches in den Kreis der Kolonialmächte ab 1884. Im Interesse der Sicherung des deutschen Kolonialbesitzes entschloss sich Bismarck zur gezielten Förderung der christli­ chen Mission. Deshalb entschied er 1889, dass das »Jesuitengesetz« auf die Kolonien nicht angewen­ det werde und auch die im Reich verbotenen Orden und Kongregationen dort willkommen seien. Fer­ ner wurde 1892 den in deutschen Kolonien tätigen deutschen Ordensgemeinschaften auf Antrag er­ laubt, in Deutschland Missionshäuser zu errichten, um dort künftige Missionare auszubilden. Und auch ausländische Ordensgemeinschaften konnten für die Arbeit in deutschen Kolonien zugelassen werden; sie mussten allerdings deutsche Provinzen und Missionshäuser für die Heranbildung von Mis­ sionaren gründen. Als Erste errichteten die Steyler Missionare 1892 ein solches Missionshaus in Deutsch­land, denen bald weitere Gemeinschaften folgten. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs unter­ hielten im Deutschen Reich 11 Ordensgemeinschaf­ ten Missionshäuser; am Ende des Krieges waren es 18. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum unsere Gemeinschaft zur Gründung einer Niederlassung in Deutschland den Weg über die Übernahme eines eigenen Missionsgebietes in deut­ schen Kolonien versucht hat, nachdem vorher die Errichtung einer Missionsschule und eines Missions-­ Noviziates in Kaiserswerth bei Düsseldorf geschei­ tert war. > 1/2015 apostel 7 titelthema Damit ist auch schon ein wichtiger Punkt für die Be­ antwortung des zweiten Teiles der Frage genannt, warum die deutschen Mitglieder SSCC die Errich­ tung einer eigenen Ordensprovinz anstrebten. Ein­ mal war dies, wie eben gesagt, eine Voraussetzung für die Gründung von Niederlassungen in Deutsch­ land. Zudem sollte eine Deutsche Provinz der Förde­ rung des Nachwuchses aus dem eigenen Land die­ nen, die durch die Lage des 1893 gegründeten Mis­ sionshauses Simpelveld im niederländischen Aus­ land sehr erschwert wurde. Auch galt es, ein eigenes Hinterland für eine effektive Unterstützung der an­ gestrebten Mission zu gewinnen. Ferner spielten auch hier das wachsende Nationalgefühl eine wich­ tige Rolle. Und schließlich gehört die Aufteilung in Provinzen zur Organisation von zentral geleiteten Ordensgemeinschaften, was aber der internationa­ len Verbundenheit und Verantwortung für die Welt­ kirche nicht widersprechen muss. Mit dem Leiter der Neuguinea­Mission, Pater Adalbertus Rieländer­Geseke, reisten drei Laienbrüder und drei Patres sowie drei Franziskanerinnen von der heiligen Familie, Eupen Wie erklären Sie sich die »Missionsbegeisterung«, die im 19. Jahrhundert in Europa viele Katholiken erfüllte? Und was waren aus Ihrer Sicht damals die Hauptmotivationen junger katholischer Männer, speziell in Ihre Ordensgemeinschaft einzutreten, um hierüber »in die Mission zu gehen«? Tatsache ist, dass im 19. Jahrhundert die Christen­ heit wieder eine neue missionarische Dynamik ent­ faltete, die zu ihrer bis dahin größten geografischen Ausbreitung führte. Die Gründe dafür waren viel­ Die Missionszeitschrift »Das Werk des Pater Damian«, Vorläufer des »Apostel«, fältig. Eine religiöse Er­ berichtet im Heft 9–10 des Jahres 1914 von der Abschiedsfeier für die deutschen neuerung nach der Fran­ Missionare im Daminaeum im holländischen Simpleveld zösischen Revolution so wie eine effiziente Struktur der römischen Kongre­ gation für die Verbrei­ tung des Glaubens – kurz »Propaganda« ge­ nannt. Dazu kamen tech­ nische Erfindungen und eine zunehmende Indus­ trialisierung, die inner­ halb eines kurzen Zeit­ raums zur Erschließung unbekannter oder kaum erforschter Gebiete und zu wachsendem Welt­ handel führten. Zusam­ men mit den Ideen des Kolonialismus begüns­ tigte und förderte dies das Interesse an der Mission. > Fortsetzung auf Seite 13 8 apostel 1/2015 credo das glaub ich – damit leb ich Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche Lizzie: Sag mal, Jane, was hältst du eigentlich davon, dass so viele Leute aus der Kirche austreten? Jane: Weiß nicht, aber ich denke, dass ein Kirchen­ austritt nicht gleichzusetzen ist mit einem Glaubens­ austritt. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Men­ schen, die aus der Kirche austreten, einfach mit der Kirchenpolitik unzufrieden sind. Lizzie: Du meinst also, man wendet sich nicht un­ bedingt vom Glauben ab, wenn man aus der Kirche austritt? Also, für meinen Glauben ist Kirche total wichtig. Manchmal habe ich das Gefühl, nur zu glau­ ben, weil alle anderen in meiner Umgebung glauben. Nicht, dass es mir wie Gruppenzwang vorkommt, ich werde ja nicht zum Glauben gezwungen … Jane: Das kann ich einerseits verstehen, weil ­meine Familie ja auch glaubt und mir christliche Werte ver­ mittelt, seit ich klein bin. Deshalb finde ich es nor­ mal, vor dem Essen zu beten und auch mal in den Gottesdienst zu gehen. Aber andererseits ist der Mittel­punkt meines Glaubens etwas anderes: Ich will Jesus nachfolgen, auch wenn das, was er sagt, oft provokant ist. Mir ist wichtig, darüber selber nachzu­ denken und danach zu leben. Lizzie: Ich glaube, das ist es, was mir manchmal fehlt. Nicht der Glaube an Gott, aber der Mut, mei­ nen Glauben zu leben. Aber wie war das denn da eben im Glaubensbekenntnis? Ich glaube an die hei­ lige katholische Kirche. Da steht’s doch, schwarz auf weiß … Jane: Und gesprochen wird an kaum einer anderen Stelle des Credos eine so bunte Mischung individu­ eller Not-Lösungen. Nie genau hingehört? Da outen sich nicht nur unsere evangelischen »Gemeindemit­ glieder«. Lizzie: Stimmt – Sonja legt immer eine Schweigese­ kunde bei »katholisch« ein. Ist ja auch im Zeitalter der Ökumene und des interreligiösen Dialogs eigent­ lich nicht mehr zeitgerecht, das so zu betonen, oder? Jane: Na, mir fällt es schwerer, nach den Skandalen der letzten Jahre an eine »heilige« katholische Kirche zu glauben. Aber wo ich das gerade noch mal so be­ denke: an die Kirche glauben? Als ob Vater, Sohn und Heiliger Geist nicht reichten! (Frei nach einem Gespräch aus: Fastenbrevier 2014, Gemeinde St. Josef, Münster) pneuma | schwester laura knäbel mms Hand aufs Herz! Wie halten Sie es mit der Kirche? Glauben Sie an die Kirche? Keine Sorge! Christen glau­ben nicht an die Kirche; die Kirche ist nicht die vierte göttliche Person. Christen glauben an den Heiligen Geist. Alles, was im Credo auf diese Glau­ bensaussage noch folgt, soll eine Ahnung davon ver­ mitteln, wo und wie der Heilige Geist, Gottes unfass­ bare Zuwendung zum Menschen, wirkt und erfahren werden kann. Darüber möchte ich im Folgenden mit Ihnen nach­ denken.   ihr pater hans-ulrich willms sscc Anregungen für die Monate April, Mai und Juni 2015 Seltsam! Selbst die schärfsten Kritiker halten Aus­ schau nach einer möglichst heiligen Kirche. Aber nicht nur ihnen stechen deren Sünden ins Auge: In­ quisition, Eitelkeit, Machtmissbrauch, Selbstherr­ lichkeit, doppelte Moral, höfischer Pomp, rituelle Gewalt und all die Dinge, die Papst Franziskus an­ prangert. Falls die »Heiligkeit« der Kirche von den Menschen, die die Kirche leiten oder in ihr leben, ab­ hinge, wäre dieses Prädikat offensichtlich fehl am Platze – und gründlich missverstanden! Selbstbesinnung Auf welche Weise nimmt die »heilige« Kirche mich persönlich in die Pflicht? Gebet Jesus Christus, du bist der Ursprung und das Haupt der Kirche. Beseele deine Kirche mit deinem Geist, mache sie lebendig und fange bei mir an. Erfülle sie mit dem Geist deiner Wahrheit und Liebe und fange bei mir an. Schenke ihr Heiligkeit und Heil und fange bei mir an. Die Kirche ist nicht von sich aus heilig im Sinne ­einer eigenen Leistung. Heilig ist sie nur auf Grund ihres Ursprungs, ihrer Mitte: Jesus Christus. Heilig bedeu­ tet dabei nicht »moralisch perfekt«, sondern »von Gottes Geist beseelt«. Wir glauben nicht an die Kir­ che, wir glauben an den Heiligen Geist, der in der Kirche wirkt. Heilige Kirche? Ja, wo wir zu Christus ge­ hören, von seinem Geist beseelt, entsprechend sei­ ner Weisung leben. Nein, wo menschliche Machen­ schaften das Sagen haben, Menschen sich zu Herren der Kirche machen und von goldenen Thronen regie­ ren. Christen glauben mittels der Kirche, weil wir ohne sie nichts von Jesus wüssten. Glauben dank der Kirche, weil niemand allein auf eigene Faust glauben kann. Glauben trotz der Kirche, weil sie die Botschaft des Evangeliums oft durch ihre menschlichen Fehler un­ glaubwürdig macht. Auch in der Kirche können wir die Rosen nicht ohne Dornen haben! Es gibt die Kir­ che nicht nackt, nicht chemisch rein. Es gibt sie nur im Mantel der Geschichte, im Auf und Ab der Mei­ nungen. Vieles ist falsch gelaufen. Nur das eine hat Kirche immer getan und damit nie aufgehört: das Wort Gottes zu verkünden und die heilige Eucha­ ristie zu feiern, gelegen, ungelegen, unheilig, heilig, würdig, beschmutzt … heilig heilig Wir sind es nicht, die die Kirche »heilig« machen. Und doch: Das Wörtchen »heilig« nimmt uns in die Pflicht! Was die Jünger in Jesus gefunden haben, das Heil von Gott her, darf seine Kirche nicht verhindern. Und das fängt bei mir an. Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat April katholisch katholisch Katholische Kirche? Seit der Reformation ist »katho­ lisch« ein Streitbegriff, eine konfessionelle Unter­­ scheidung. Schade! Denn »katholisch« heißt wörtlich »allumfassend« – eben nicht Ausschluss, Ab­­grenzung, Aussperrung. links und rechts: Detailvergrößerungen aus dem Werk Pneuma © Laura Knäbel MMS Die »katholische Kirche« im Glaubensbekenntnis ist also nicht die von Rom aus geleitete christliche Kon­ fession. Diese wird zur genaueren Unterscheidung auch als »römisch-katholisch« bezeichnet. Wenn wir uns zur »katholischen« Kirche bekennen, dann be­ kennen wir uns zu der einen Kirche Jesu Christi, die wirklich »weltumspannend allumfassend« ist und aus allen besteht, die sich zu Christus bekennen. Und diese katholische Kirche ist aufgrund mensch­ licher Schuld in drei große (römisch-katholisch, evangelisch, orthodox) und zahlreiche kleine Konfes­ sionen zersplittert und aufgespalten. »Ich glaube an die heilige katholische Kirche«, das könnten auch Protestanten, Orthodoxe, Anglikaner … sprechen. Selbstvergewisserung Wie weit reicht mein KirchenBlick über den Tellerrand meiner Ortsgemeinde hinaus? Wo könnte Ökumene, die Weltkirche, die Welt mein Glaubens-Leben bereichern? Gebet Jesus Christus, offenes Herz deiner Kirche, ohne dich hätten wir nicht die Hoffnung auf einen Himmel, in dem alle Platz finden, weil sie deine geliebten Menschen sind und so zu dir gehören. Hilf deiner Kirche, diese Botschaft allumfassend und weltumspannend zu leben und erfahrbar zu machen. Eine Kirche für alle Menschen! Das Zweite Vatika­ nische Konzil sagt, die Kirche ist »in Christus ein Sa­ krament, das heißt Zeichen und Werkzeug, für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit« (Vaticanumstext, Lumen genti­ um 1). Damit wird der Kirche ins Stammbuch ge­ schrieben, dass sie nicht für sich selbst da ist, son­ dern dafür, allen Menschen die Frohe Botschaft des Evangeliums anzubieten und vorzuleben. Katholisch ist sie dann, wenn »Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger (und Jünge­ rinnen) Jesu Christi« (Vaticanumstext, Gaudium et spes 1) sind. Katholisch ist sie dann, wenn sie sich vom Leben der Menschen mit seinen Wunden und Narben, seinen Abgründen und Abstürzen berühren lässt, sich verwundbar, angreifbar macht. Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat Mai traumhaft traumhaft Selbstvergewisserung Welche Kirchenträume habe ich? Gebet Jesus Christus, deine Kirche steht für den größten Traum der Menschen, für ganzes, heiles, geheiligtes Leben in dieser Zeit für die Ewigkeit. Hilf uns, Kirche nicht nur zu träumen, sondern unsere Kirchenträume als Kirche zu leben. Dein Himmel ist offen und dein Himmel bleibt offen. Geistlicher Wegbegleiter – Impuls für den Monat Juni Ein Traum vor allem lässt mich nicht los, und ich las­ se ihn nicht los: den Traum von einer Kirche, die ein wohltuender, weltumspannender Ort der Begegnung ist, ein Zuhause für den Glauben an den Gott der Liebe – und keine ganz und gar unpersönliche Insti­ tution. Von einer Kirche als heiligem Raum, als Ge­ meinschaft, in der Papst, Bischöfe, Priester, alle Ge­ tauften, Geweihte und Nichtgeweihte – durch die Taufe verbunden im gemeinsamen Priestertum – Seel­ sorgerinnen und Seelsorger sind. In der jedes Charis­ ma und jedes Leitungsamt seinen Platz hat, weil Amt und Charisma einander brauchen, ein und derselbe Geist sie bewegt, in gegenseitiger liebevoller Wert­ schätzung. Den Traum von einer Kirche, in der Lei­ tungsämter nicht Macht ausüben und auch nicht absolutistische Kontrollorgane über einen allein se­ ligmachenden Glauben sind, sondern im Dienste der Menschen stehen. In der die Inhaber von Leitungs­ ämtern die Menschen mit ihren verschiedenen Ga­ ben zusammenbringen, zum Glauben verleiten und begleiten, sie fordern und fördern und in Mitverant­ wortung und Mitgestaltung der Kirche ein buntes, farbiges, anziehendes, lebendiges Gesicht geben las­ sen. Von einer Kirche, die sich nicht als Maß aller Dinge feiern lässt, sondern sich als Herberge am Weg der Menschen versteht. In der nicht das Bleige­ wicht für die Ewigkeit definierter, komplizierter Dog­ men und enge Moralvorschriften oder überkommene höfische Traditionen menschliches und kirchliches Leben, Jugend, Dynamik, Kreativität und Entwick­ lung behindern. Deren Markenzeichen vielmehr Mut zur Wirklichkeit und Wahrheit, innere Freiheit und Weite, Liebe und Lust am Leben, Lust am Glauben, Lust an Vielfalt und Reichtum unterschiedlichster Ausdrucksformen des Glaubens und gefeierter Litur­ gie, Offenheit, Herzlichkeit und Geschwisterlichkeit sind. Detailvergrößerung aus dem Werk Pneuma © Laura Knäbel MMS Kirchentraum? In vielen Lebenssituationen habe ich Kirche erfahren und in verschiedenen »Positionen« mit­gestalten können. Ich bin Jahrgang 1943, 45 Jahre Priester, gestalte immer noch und habe meine Träu­ me nicht verloren. Der Missionar Pater Damian De Veuster (Mitte) war 23 Jahre alt, als er 1863 nach Hawaii kam. 26 Jahre später starb er auf der Aussätzigeninsel Molokai. Ob Fernweh, die Suche nach einer Sinn stiftenden Aufgabe oder Berufung …, Berichte über sein Leben motivierten zahlreiche junge Männer, auch in die Mission gehen zu wollen. Berichte aus fernen Ländern und das Beispiel Pater Damians > Fortsetzung von Seite 8 Die neue Missionsbegeiste­ rung begann zunächst in Frankreich, wo im 19. Jahrhundert zahlreiche neue Orden und Kongregati­ onen mit missionarischer Ausrichtung, darunter auch unsere Gemeinschaft, gegründet wurden. Eine entscheidende Rolle bei der Förderung des Missi­ onsgedankens und der Unterstützung der Missionen spielte der 1822 in Lyon gegründete »Verein der Glaubensverbreitung«. Davon ausgehend organi­ sierten sich auf Pfarrei- und Diözesanebene Missi­ onsvereine, die sich bald auch in Deutschland ver­ breiteten. Auch das dazugehörige Vereinsorgan wurde bald ins Deutsche übersetzt und machte die Missionsidee in weiten Kreisen bekannt. Die seit 1833 in Köln erscheinenden »Jahrbücher der Glaubensverbreitung« bringen bereits 1835 – also noch zu Lebzeiten des Stifters unserer Gemein­ schaft – einen längeren Beitrag über die Missionen in Ozeanien. Die Picpus-Gesellschaft wird dabei als die Gemeinschaft vorgestellt, die die erste Gruppe von Missionaren für Ozeanien stellte. Danach haben diese »Jahrbücher« über viele Jahre regelmäßig und ausführlich über die Entstehung und Entwicklung der Mission in Ost-Ozeanien – Hawaii, Gambierund Marquesas-Inseln, Tahiti – berichtet. Das zog um 1840 erste deutsche Kandidaten an, die in Frankreich in unsere Gemeinschaft eintraten. Doch den eigentlichen Anstoß gaben 1845 die Gründung eines Missions-Noviziates in Löwen (Belgien) und ein Bericht hierüber Anfang 1846 in dem in Münster erscheinenden »Sonntags-Blatt für katholische Christen«. Die Picpus-Gesellschaft wurde als missi­ onarische Gemeinschaft porträtiert, und es wurde für sie mit Angabe der Adressen von Löwen und Paris geworben. Hier traf nun Angebot auf Nachfra­ ge! Bereits im Jahre 1846 kamen 10 Kandidaten aus Deutschland nach Löwen; innerhalb von 10 Jahren haben hier 35 Deutsche die Gelübde abgelegt. Es waren also vor allem die missionarische Ausrich­ tung der Gemeinschaft und ihre neu gegründete Mission im fernen Ozeanien, die junge Menschen, besonders aus Westfalen und dem Rheinland, anzo­ gen. Und sie nahmen diesen Weg in eine ausländi­ sche Gemeinschaft, weil es um diese Zeit noch keine eigenen deutschen Missionsgebiete und Missions­ häuser gab. Eine erste eigene deutsche Missionsge­ sellschaft wurde erst 1875 durch Arnold Janssen ge­ gründet (»Steyler Missionare«). Bis dahin waren be­ reits ca. 130 deutsche Kandidaten über Belgien und Frankreich in unsere Gemeinschaft eingetreten, von denen 95 Profess gemacht haben. In den folgenden Jahrzehnten war es dann vor allem das Beispiel Pater Damians, das junge Menschen für den Missionarsbe­ ruf begeistert hat. Bis 1914 sind insgesamt ca. 300 deutsche Kandidaten in unsere Gemeinschaft einge­ treten, von denen 226 die Gelübde ablegten und etwa 90 in der Mission wirkten. > 1/2015 apostel 13 titelthema Wie gelangte damals eine Ordensgemeinschaft zur Beauftragung für ein bestimmtes Missionsgebiet, und wie kam es, dass gerade die deutschen Mitbrüder SSCC nach Neuguinea kamen, eine Insel am anderen »Ende der Welt«? Normalerweise erfolgte die Übertragung eines Mis­ sionsgebietes an eine Ordensgemeinschaft durch die römische Propaganda-Kongregation, indem eine Ge­ meinschaft um die Zuweisung eines Missionsgebie­ tes nachsuchte oder die »Propaganda« um die Über­ nahme eines Gebietes bat. Die Ordensgemeinschaft hat dann zumeist das übertragene Missionsgebiet einer ihrer Ordensprovinzen anvertraut, die dann die Verantwortung für das Personal und den Unter­ halt der Mission übernahm. In unserem Fall ging die Initiative von den deut­ schen Mitgliedern SSCC aus, die aus den oben ge­ nannten Gründen – mit Zustimmung der General­ leitung – ein eigenes Missionsgebiet suchten. Unter den damaligen Umständen sollte es ein Gebiet in deutschen Kolonien sein. Eine Festlegung auf ein bestimmtes Land oder einen Kontinent gab es nicht, man hielt Ausschau nach konkreten Möglichkeiten. Dass es am Ende Neuguinea war, war eher Zufall! So lag Ende 1911 bereits eine Anfrage der deutschen Reichsregierung bezüglich einer Mission in Kame­ Der junge Pater Damian De Veuster vor seiner Ausreise Aus: »Das Werk des Pater Damian«, 1914, Heft 9–10, Missionszeitschrift, Vorläufer der Zeitschrift »Apostel« run in Zentralafrika vor, die von den Steyler Missi­ onaren an unsere Gemeinschaft weitergeleitet wor­ den war. Dafür gaben die Patres von Simpelveld im Einverständnis mit dem belgischen Provinzial und dem Generaloberen ihre Zusage. Doch schon bald kam von Berlin die Nachricht, dass dieses Gebiet bereits an eine andere Gemeinschaft vergeben sei. Mission und Kolonialismus Inzwischen hatten die Steyler Missionare von Rom aus unserer Generalleitung mitgeteilt, dass sie bereit seien, ihr großes Missionsgebiet in Deutsch-Neu­ guinea aufzuteilen und deutschen Mitbrüdern einen Teil zu überlassen. Erkundungen von Pater Anselm Löning SSCC (Simpelveld) bei einem Besuch Mitte März 1912 in Berlin ergaben, dass die Reichsregie­ rung dazu wohl ihre Zustimmung geben würde. Im September 1912 begannen die Verhandlungen zwi­ schen Berlin und Rom, die fast ein Jahr dauerten und an deren Ende die Aufteilung der Mission in Deutsch-Neuguinea stand. Durch ein römisches De­ kret vom 25. Juli 1913 wurde im westlichen Teil die neue Apostolische Präfektur »West-Kaiser-Wil­ helm-Land« errichtet und der Picpus-Kongregation übertragen, die sie dann den deutschen Mitbrüdern als Arbeitsfeld anvertraute. 14 apostel 1/2015 titelthema darin auch eine kulturelle und nationale Aufgabe zu erfüllen habe. Dass dies auch die Überzeugung un­ serer Mitbrüder war, zeigt ein Bericht über die Aus­ sendung der ersten Missionare im Juli 1914. Für sie war es die Erfüllung eines lang ersehnten Wunsches, »nun endlich auch in einem Gebiete deutschen Ko­ lonialbesitzes den Eifer apostolischen Wirkens und Schaffens entfalten und so gleichzeitig vaterländi­ schen Interessen dienen zu können«. Allgemein: Neben der Glaubensverbreitung betonte man auch die Wichtigkeit der Mission für die Verbreitung der westlichen Zivilisation. Ja, man sah in der kolonia­ len Struktur eine einzigartige Gelegenheit, die christliche Botschaft weltweit zu verkünden. © links: picture alliance / Mary Evans Pi Apostolischer Eifer und vaterländische Interessen Haben sich die Ordensgemeinschaften nicht von den Nationalstaaten benutzen lassen, die ja offensichtlich Missionstätigkeit in erster Linie förderten, um ihre jeweilige Kolonialherrschaft abzusichern? Wie würden Sie von heute aus betrachtet das faktische Verhältnis zwischen Evangelisierung und geistiger Beherrschung der kolonisierten Völker beurteilen? Eine schwierige Frage, die ein komplexes und zu­ gleich delikates Thema berührt. Ganz sicher ging es den Kolonialstaaten bei ihrer Förderung der Missio­ nen nicht in erster Linie um die Verbreitung des Evangeliums, sondern um die Absicherung der eigenen Herrschaft und um wirtschaftli­ che Interessen. Dazu erwartete oder erhoffte man von der Missionsarbeit einen Beitrag zur Verbreitung der eigenen Kultur sowie zur Erziehung der »Eingeborenen« zu Ge­ horsam und Unterwürfigkeit. Und gewiss gab es eine enge, aus heutiger Sicht oft zu enge, Zusammenarbeit zwischen der Kolo­ nialverwaltung und den missionierenden Orden, wodurch die Missionsarbeit nicht selten unglaubwürdig wurde. Doch deshalb die Orden pauschal der bewussten Kompli­ zenschaft zu verdächtigen, greift wohl zu kurz und wird der damaligen Situation nicht gerecht. Die Kirchen sahen in den »Schutz­ gebieten« ihr natürliches Betätigungsfeld und waren der Überzeugung, dass man Wenn auch die Zweideutigkeit dieser engen Zusam­ menarbeit von Staat und Mission schon damals bis­ weilen gesehen wurde, so wurde doch diese weitge­ hende »koloniale Interessenallianz« grundsätzlich nicht infrage gestellt. Erst der Verlauf und die Fol­ gen des Ersten Weltkrieges führten zur einer kriti­ schen Bewertung dieses vielfach zu engen Verhält­ nisses von Mission und Politik und zur Forderung einer Loslösung der Mission vom Kolonialismus. In diesem Sinne forderte auch das Missionsrundschrei­ ben von Papst Benedikt XV. von 1919 die Loslösung sämtlicher missionarischer Aktivitäten aus politi­ schen Bindungen. Die Mission dürfe nicht länger als Teil des europäischen Kolonialismus erscheinen, wenn sie glaubwürdig sein wolle. > Missionar auf der Insel Yule (Zentral-Neuguinea) um 1910 1/2015 apostel 15 titelthema Begegnung junger Menschen aus allen Teilen der Welt im Kloster Arnstein. Zu dem Kulturcamp hatten u. a. die Arnsteiner Patres eingeladen. Was als »Heidenmission« begann, ist heute lebendiges Miteinander, gegenseitige Bereicherung und Dialog auf Augenhöhe in der Weltkirche. Die Niederlage als Geburtshelfer Wie gelang nach dem Ende des Ersten Weltkrieges dann doch die Gründung einer Deutschen Provinz SSCC, obwohl die Übernahme eines Missionsgebietes ja gescheitert war? Bereits der Beginn des Weltkrieges hatte eine ganz neue Situation geschaffen. Die etwa 50 in Belgien weilenden deutschen Mitbrüder wurden ausgewiesen und zum großen Teil zum Militärdienst in Deutsch­ land eingezogen oder fanden Aufnahme in Simpel­ veld, wo auch die Theologiestudenten ihre Studien fortsetzten. Da durch den Krieg die Verbindung zum zuständigen belgischen Provinzial und auch zum Generaloberen faktisch abgeschnitten war, waren die deutschen – wie auch die ebenfalls ausgewiese­ nen niederländischen – Mitbrüder ganz auf sich selbst gestellt und tatsächlich zu einer selbstständi­ gen Abteilung der Ordensgemeinschaft geworden – ohne rechtlich eine Provinz zu sein. So wurde im Sommer 1916 in Roermond ein eigenes Studienhaus für die deutschen Theologiestudenten gegründet, was als Zeichen faktischer Unabhängigkeit und Selbstständigkeit angesehen wurde. Gleichzeitig wurde während des Krieges auch eine Gründung in Deutschland weiter verfolgt. So ver­ sprach der deutsche Konsul von Maastricht bei einem Besuch in Simpelveld im Mai 1916, sich nach Kräften für die Verwirklichung des geäußerten Wunsches nach Gründung eines eigenen Heims auf heimatlichem Boden einzusetzen. Ferner richtete Pater Chrysostomus Lauenroth SSCC am 1. Septem­ ber 1916 ein Bittgesuch an den preußischen Kultus­ minister um Zulassung einer Ordensgründung in Deutschland, und 1918 stellte er ein Ersuchen um die Erlaubnis zur Gründung einer Niederlassung in der Erzdiözese Köln und im Bistum Limburg. Doch alle diese Versuche blieben ohne Erfolg. 16 apostel 1/2015 Erst der Ausgang des Krieges machte den antikirch­ lichen Gesetzen ein Ende und eröffnete den Weg nach Deutschland. Doch Anfragen um Erlaubnis zu einer Gründung in den Diözesen Köln und Trier, wo man bereits konkrete Orte und Häuser ins Auge ge­ fasst hatte, wurden von den jeweiligen Diözesen ab­ schlägig beantwortet. Hingegen war das Bistum Lim­ burg bereit, uns aufzunehmen. Bereits im Sommer 1918 aufgenommene Erkundigungen und spätere Verhandlungen mit dem Bischof und den staatlichen Behörden führten zum Erfolg. Am 23. September 1919 wurde Kloster Arnstein an der Lahn als erste Niederlassung in Deutschland eröffnet, die dann der Gemeinschaft in Deutschland den Namen gab. Gleichzeitig wurde in Arnstein das Noviziat – mit 15 Novizen! – der künftigen deutschen Ordensprovinz eröffnet. Für deren Gründung hatte sich 1919 das Generalkapitel unserer Kongregation ausgespro­ chen. Die kirchenrechtliche Errichtung erfolgte am 15. August 1920. n Unser Interviewpartner Pater Gabriel Simon SSCC (* 1937) besuchte die Schule und das Internat des Ordens in Lahnstein. 1957 trat er ins Noviziat ein und studierte von 1958 bis 1967 in Rom. 1965 wurde er zum Priester geweiht. Pater Gabriel unterrichtete von 1967 bis 2006 an der ordenseigenen Hochschule in Simpelveld und hatte ab 1980 eine Professur für Philosophie in Münster inne. Von 1982 bis 1991 war er Provinzial der Deutschen Provinz SSCC. Heute lebt er im Konvent der Gemeinschaft in Münster und widmet sich ordensgeschichtlichen Studien. theologischer beitrag An die Ränder – Platzanweisung für Ordensleute Bei der letzten Papstwahl im März 2013 gab es eine Art Wahlkampf. Die Favoriten stellten in einer Kurz­ rede ihr Programm vor. Der spätere Gewinner, Jorge Mario Bergoglio, notierte auf einem Zettel vier P ­ unk­te, von denen der erste und wichtigste auch eine Orts­ beschreibung war: Hinweis auf seine eigene Her­ kunft und die Ziele für die Arbeit der Kirche. Er komme vom Ende der Welt und ans Ende der Welt gehe sein Auftrag, die Verkündigung der Guten Bot­ schaft. »Die Evangelisierung ist der Seinsgrund der Kirche. Und das heißt: Sie muss aus sich herausge­ hen in die Außenbezirke, nicht nur die geografischen, sondern auch an die existenziellen Ränder, die Peri­ pherien der Sünde, des Schmerzes, der Ungerechtig­ keit, der Unwissenheit, der religiösen Gleichgültig­ keit, des Denkens und jeder Not.« Immer wieder spricht er von den Rändern, der Peri­ pherie, die unser Lebensort sein muss. Nicht mehr das Zentrum gibt den Ton an, nicht mehr nur eine einzige Stimme ist zu hören, denn es gibt viele Rän­ der, die zu uns sprechen. © dpa – Pascal Guyot Franziskus hat von der ersten Minute seines neuen Amtes an einen neuen Stil praktiziert, als er die Menschen auf dem Petersplatz nicht mit einer from­ men Formel begrüßte, sondern ihnen einen schlich­ ten »Guten Abend« wünschte. Die Unterschiede zu früher sind schon häufig beschrieben worden. Sie betreffen nicht nur, aber auch materielle Dinge (rote Schuhe, goldenes Kreuz, Wohnung, Autobus) und den Leitungsstil (Kurienreform, Gebrauch von Ti­ teln). Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die Ernen­ nung von neuen Kardinälen, von denen die meisten nicht aus großen, wichtigen Gebieten kommen, son­ dern bisher unbekannte »Randexzellenzen« sind. Wenn schon die Christen insgesamt an den Rand gehen, sich von den »Außenbezirken« bestimmen lassen sollen, dann umso mehr die Ordensleute, die sich in der Kirche in einer besonderen Weise engagie­ ren wollen. Sie fühlen sich gesendet von dem Herrn, der zu einem Festmahl einlädt: »Geh auf die Land­ straßen und vor die Stadt hinaus und nötige die Leute zu kommen, damit mein Haus voll wird.« (Lk 14,23) Ordensleute sollen Menschen sein, die sich von den Rändern bestimmen lassen. Die dorthin gehen, wo sonst keiner hinwill. Die Geschichte unserer Ge­ meinschaft liefert dafür viele Beispiele. »Picpus« (die Kongregation von den Heiligsten Herzen) er­ hielt oft die Missionen, die bei anderen nicht unbe­ dingt auf dem Wunschzettel standen – so Hawaii, Marquesas, Tahiti, Gambier, Tuamotu, Kongo, Os­ terinsel, und ganz neu: Tonga, eine Inselgruppe, ver­ loren im Wasser des Pazifiks, an der Datumsgrenze. Ordensleute sollen Wegweiser sein und durch ihr Leben und Tun zeigen, dass die Ränder wichtig sind. Sie sollen hinweisen auf die Tatsache, dass es jen­ seits unserer durch Erfolg und Ranking bestimmten Welt noch eine andere Wirklichkeit gibt. »An­ ders-Orte« sollen sie sein, wie Damian unter den Aussätzigen. Kardinal Bergoglio unterschied in sei­ ner programmatischen Kurzrede: »die Evangeli­ ums-Kirche, die aus sich heraus geht, oder die welt­ liche Kirche, die in sich, von sich, für sich lebt«. n friedhelm geller sscc 1/2015 apostel 17 40 Jahre familie sscc 40 Jahre Priesterweihe Pater Bernhard Bornefeld SSCC Bernhard Bornefeld wurde am 1946 in Everswinkel geboren, machte Abitur am Christophorus-Gymna­ sium in Werne und trat danach ins Noviziat ein. Am 22. März 1975 empfing er in Simpelveld die Priester­ weihe und absolvierte anschließend ein Studium der Sozialpädagogik als Zweitstudi­ um in Aachen. Pater Bernhard hat der Ordensgemeinschaft in Werne, Simpelveld und Arn­ stein als Präfekt, Superior und Ökonom auf vielerlei Weise ge­ dient. Elf Jahre wirkte er als Mi­ litärseelsorger und seit 2009 ist er Wallfahrtsleiter in Arnstein. 40 Jahre Priesterweihe Pater Franz Koll SSCC Franz Koll wurde 1947 in Lünen geboren. Auch er kam über das Christophorus-Gymnasium in Werne in Kontakt mit unserer Ordensgemeinschaft, trat in Simpelveld ins Noviziat ein und empfing am 22. März 1975 die Priesterweihe. Zunächst war er Ökonom in Werne, bis er 1979 mit dem verantwortungsvollen Dienst des Provin­ zökonomen betraut wurde. Dieses Amt hatte er bis 2004 inne. 2004 wechselt Pater Franz nach Arn­ stein, wird auch dort Ökonom des Hauses und Leiter der Jugendbegegnungsstätte. 2009 tritt er die Stelle des Polizeiseelsorgers am Polizeipräsidium in Frank­ furt an. Im April 2014 wird ihm zusätzlich auch die Polizeiseelsorge in Wiesbaden anvertraut. 60 Jahre 50 Jahre 50 Jahre Profess Pater Gerd Nieten SSCC Gerd Nieten, Jahrgang 1942, stammt aus Weibern in der Eifel. Über das Johannes-Gymnasium in Lahnstein kam er zur Or­ densgemeinschaft und legte am 10. April 1965 die ersten Gelüb­ de ab. Nach einem pädagogi­ schen Zusatzstudium war er zu­ nächst Präfekt und Lehrer in Werne. Danach betraute die Ordensgemeinschaft Pater Gerd mit vielen wichtigen Ämtern: Superior in Lahnstein und Arnstein, Mitglied des Provinzrates, Provinzvikar, Wallfahrtsleiter und Novizenmeister. 2004 zog er in die erste Kommunität nach Koblenz, wo er als geschätzter Gesprächsseelsorger bis 2014 wirkte. Eine ernste Krankheit zwang ihn, diesen Pos­ ten aufzugeben. Pater Gerd lebt heute in Werne. 50 Jahre Profess Pater Kurt Roters SSCC Kurt Roters wurde 1942 in Bor­ ghorst geboren. Nach dem Abi­ tur legte er am 10. April 1968 in Simpelveld seine ewigen Gelüb­ de ab. Nach der Priesterweihe war er Kaplan in Eppendorf, Wien und Arnstein. In Arnstein arbeitete er darüber hinaus in der Jugend- und Exerzitienseel­ sorge. Von 1983 bis 1988 war Pater Kurt Pfarrer in Arnstein. Es folgten ein Studienaufenthalt in den USA und sieben Jahre Seelsorge auf den Philippinen. 1997 kehrte er nach Deutschland zurück und arbei­ tete mit im Priesterteam von St. Mauritz in Münster, bevor er 2004 ins Brohltal versetzt wurde. Dort war er Pfarrer von Kempenich und Rieden und Pfarrver­ walter von Weibern. 2011 wechselte Pater Kurt in die Alten­seelsorge. Er gehört zur Kommunität in­ ­­Koblenz.­­­­­ 60 Jahre Profess Bruder Josef Huke SSCC Josef Huke wurde 1935 in Effelder im Eichsfeld geboren. Viele unserer älteren Mitbrüder stammen aus dieser Gegend und haben wohl seine Entscheidung mitgeprägt, als Ordens­ mann leben zu wollen. Er kam nach Lahnstein, wo er im Johanneskloster eine Ausbil­ dung als Gärtner begann und diese mit der Gesellenprüfung abschloss. In Burgbrohl legte er seine ersten Gelübde ab. In allen unseren großen Häusern hat Bruder Josef als Gärtner gearbeitet, so in Burgbrohl, Simpelveld, Kloster Arnstein, Lahnstein oder heute Werne – ein Gärtner aus Leidenschaft. Der reiche Baum- und Pflanzenbestand, der viele unserer Häuser umgibt, ist sein Verdienst, ebenso das gepflegte Umfeld des Provinziala­ tes in Werne, wo er heute lebt. Der rüstige 80-Jährige hat Spaten und Baumschere noch nicht aus der Hand gelegt. Am 6. Mai feiert er sein 60-jähriges Ordensjubiläum. 18 apostel 1/2015 familie sscc Lahnstein Haus Damian ist verkauft Am 5. Januar 2015 wurde Haus Damian in Lahnstein seinem neuen Besitzer übergeben. Damit ist die fast hundertjährige Anwesenheit unserer Ordensge­ meinschaft in Lahnstein Geschichte. Umbau erfolgte in den Jahren 2001 und 2002, um das Provinzialat (bis 2014) aufzunehmen. Haus Damian wurde im Jahre 1964 als Internatsge­ bäude für die Mittelstufe bezogen. Dreibettzimmer ersetzten die bis dahin üblichen Schlafsäle in Kloster und Schule, die Studienräume waren hell und freund­ lich. Vieles von der Einrichtung wurde von den Werkstätten des Johannesklosters selbst hergestellt. Die Gestaltung der Außenflächen war Aufgabe der Schüler. Nach Aufgabe des Internats wurde das Haus 1992/93 für die Zwecke der Schulseelsorge umge­ baut und erhielt zudem eine Reihe moderner Einzel­ zimmer für Patres, die dort leben sollten. Ein w ­ eiterer Beim Verkauf des Hau­ ses hätte die Ordensge­ meinschaft gerne gese­ hen, wenn Haus Damian Das Haus Damian in Lahnstein bei mit dem Johannes-Gym­ Hochwasser nasium vereinigt oder einem sozialen Zweck – zum Beispiel Behinderten­ wohnungen – zugeführt worden wäre. Es wurden Verhandlungen mit potenziellen Partnern geführt, die letztlich alle scheiterten. Haus Damian liegt im Hochwassergebiet, was eine Nutzung als Behinder­ tenwohnheim schwierig machte. Letztlich blieb nichts anderes übrig, als das Haus einem privaten Investor zu überlassen. (Weitere Fotos auf www.arnsteiner-patres.de) 25Jahre 25 Jahre Priesterweihe Pater Arne Marco Kirsebom SSCC 1959 in Oslo geboren, studierte Arne Kirsebom nach dem Abitur zunächst Marinetech­ nik in Trondheim. Dort lernte er auch unsere Gemeinschaft kennen und entschied sich nach Abschluss seines Studiums für das Ordensleben. Er studierte in Münster Theologie und wurde am 7. April 1990 in Arnstein zum Priester geweiht. Zahlreiche Stellen in der Pfarrseelsorge schlossen sich an: in Pirmasens, Moron (Argentinien), Trondheim, Oslo und Kristiansand. Hinzu kam die Seelsorge für die spanisch sprechenden Katholiken in Norwegen sowie die Familienpastoral im Bistum Oslo. Heute ist Pater Arne Superior der Kommunität in Stabekk (am Stadtrand von Oslo) und Pfarrer der dortigen Gemeinde. Gedenken Pater (Enrique) Heinz Breidbach SSCC verstorben In der Frühe des 8. Februar 2015 verstarb in Santiago de Chile Pater Heinz Breidbach im Alter von 74 Jahren. In diesem Jahr hätte er sein Goldenes Ordensjubiläum feiern können. Aus Leutesdorf am Rhein stammend, trat er 1964 in Kloster Arnstein in die Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen ein. Nach seinen zeitlichen Gelübden studierte er in Simpelveld Phi­ losophie und Theologie und wurde kurz nach seiner Priesterweihe im Juli 1970 nach Buenos Aires, Argentinien, versetzt. Nach einer Zeit der Eingewöhnung und des Sprachstudiums war dann ab 1972 Chile das Land, in dem er mit Eifer, Ausdauer und Kreativität in verschiedenen Seelsorgebereichen sein ganzes Leben lang tätig war. Zunächst über lange Jahre im ländlichen Süden Chiles als Pfarrer, Regionaloberer und Ausbilder junger Ordensleute. Ab 1997 lebte und arbeitete Enrique in Santiago und Valparaiso in der Pfarrseelsorge und in der Großstadtpastoral. Seine Zuwendung zu den Menschen war immer konkret, er war aufmerksam, hilfsbereit und immer freundlich bis ganz zum Schluss. Enrique wird im Herzen und im Gedächtnis vieler Men­ schen, besonders vieler armer Menschen in Chile und unserer Mitbrüder dort lebendig bleiben. 4/2014 1/2015 apostel 19 wie kann das sein? entwurzelt umgefallen am boden ruhend wächst neues grün Der Herr macht arm und macht reich, er erniedrigt und er erhöht. Aus dem Lied der Hannah, 1 Samuel 2,7 Unsere Niederlassungen in Deutschland Arnsteiner Patres, Provinzialat Kardinal-von-Galen-Straße 3 ■ 59368 Werne Tel.: 0 23 89  97 01 50 ■ Fax: 0 23 89  97 01 27 provinzialat@sscc.de Arnsteiner Patres Bohlweg 46 ■ 48147 Münster Tel.: 02 51  48 25 33 ■ Fax: 02 51  4 82 53 59 Muenster@sscc.de Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen (zur polnischen Provinz gehörig) Immenstädter Straße 50 ■ 87435 Kempten Tel.: 08 31  5 12 36 80 ■ Fax: 08 31  51 23 68 19 Kloster Arnstein 56379 Obernhof / Lahn Tel.: 0 26 04  9 70 40 ■ Fax: 0 26 04  16 06 Kloster.Arnstein@sscc.de Arnsteiner Patres Jesuitenplatz 4 ■ 56068 Koblenz Tel.: 02 61  9 12 63-0 Koblenz@sscc.de Niederlassung der Deutschen Provinz in Belgien: Pères des Sacrés Coeurs Quai de Brabant, 38/5 ■ B-6000 Charleroi Tel.: 00 32  71  70 02 46 www.arnsteiner-patres.de