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2/2018
apostel
2/2018
apostel
Dann fordern
wir angesichts
der zu großen
Wünsche und
der eigenen Grenzen von den an-
deren mehr, als sie geben können.
Die Chance, die im Älter- und
Schwächerwerden steckt, ist die
Freiheit, zu der wir berufen sind.
Solange wir auf die eigenen
Fähigkeiten und Möglich-
keiten zurückgreifen (kön-
nen), ist die Gefahr groß,
unser Ego (das individuelle
und das kollektive) in den
Mittelpunkt zu stellen. Wir
vergessen nur allzu leicht, dass
Gott das Wollen und Vollbringen
bewirkt (Phil 2, 13). Wenn wir unse-
rer Stärken beraubt werden, können
wir mit dem Propheten Habakuk
(Hab 3, 17–19) sagen: »Der Feigen-
baum blüht nicht, die Ölbäume
tragen keine Oliven. Im Pferch sind
keine Schafe, und im Stall steht
kein Rind mehr. Der Herr selbst ist
der Grund unserer Freude.«
Der Apostel
Paulus be-
zeugt, dass
er angesichts
der schwin-
denden persönlichen, gemein-
schaftlichen oder auch kirchlichen
Kräfte in dieser Welt nicht vorrangig
seine Hoffnung auf sich, sondern
auf Gott setzt, der von den Toten
auferweckt. Er wird auch in Zukunft
retten (2 Kor 1, 1–12).
Es geht also darum, den Weg der
Verarmung und Entäußerung als
einen Prozess der Reinigung, der
Befreiung und Reifung zu verstehen
und zu erleben: »Der Herr selbst
ist der Grund unserer Freude.« Das
»Der Herr selbst ist der Grund
unserer Freude.«
bedeutet: Unsere Hoffnung grün-
det in ihm und ist nicht die Projek-
tion unserer Wünsche. War es nicht
genau diese Hoffnung, die den
heiligen Damian De Veuster im
Elend der anderen und in der ei-
genen Todesstunde bezeugen ließ,
er sei der glücklichste Missionar
der Welt?
Die historischen und gesellschaft-
lichen Umstände, die wir als Ein-
zelne, als Ordensgemeinschaft,
als Kirche und als Gesellschaft
insgesamt erleben und die uns
schmerzen und verunsichern, sind
die Einladung Gottes, in die Frei-
heit der Kinder Gottes hineinzu-
wachsen. Es geht um den schieren
Glauben ohne das »fromme Ge-
sumse« (so der Theologe Karl Rah-
ner) anderer Zeiten, ohne unsere
Bilder und Vermittlungen. Es geht
um Gott allein, um seiner selbst
willen. Er ist der Grund unserer
Hoffnung, er ist der Inhalt unserer
Freude.
Nehmen wir ernst, was wir in der
sogenannten Anamnese während
der Eucharistiefeier beten: »Dei-
nen Tod, o Herr, verkünden wir
und deine Auferstehung preisen
wir, bis du kommst in Herrlich-
keit.« So dürfen wir mit der Dis-
tanz zu uns selbst, die aus dieser
Hoffnung erwächst, bekennen: Wir
durften noch nie so glücklich sein
wie heute. Denn wir waren noch
nie so nahe an diesem Glück wie
heute.
Aus welcher Hoffnung leben wir?
Insgesamt scheint
man in unserer Ge-
sellschaft mehr und
mehr besorgt, dass
es nicht so gut weitergeht wie bis-
her. Sind das nicht Gründe hoff-
nungslos zu werden? Was bedeu-
tet es, dass wir trotzdem dem Auf-
ruf im 1. Petrusbrief folgen, jedem
Rede und Antwort zu stehen, der
nach der Hoffnung fragt, die uns
erfüllt?
Hoffen bedeutet mehr als sich
etwas wünschen. Hoffen geht auch
über das hinaus, was wir uns aus-
denken und ahnen können. Im
Französischen unterscheiden wir
zwischen »Espoir« und »Espéran-
ce«; zwischen »Ich wünsche mir
etwas, was ich schon mehr oder
weniger kenne« (Espoir) und »Ich
lebe aus der Haltung, dass es etwas
Gutes geben wird, das ich weder
in Worten noch in Bildern beschrei-
ben kann« (Espérance).
Wo wir nur erhoffen, was wir uns
aufgrund unserer Möglichkeiten
und Fähigkeiten,
aufgrund unse-
res materiellen
Reichtums und
unserer Ideen,
aufgrund unseres Könnens und
unseres Enga ge ments leisten kön-
nen, bleiben wir im Rahmen des
Wünschens. Dann riskieren wir,
sobald wir uns ohnmächtig fühlen
oder an unsere Grenzen kommen,
zu resignieren. Dann sind Zukunfts-
angst und Selbstzweifel, die wohl
zu jedem menschlichen Leben da-
zugehören, nicht nur phasenweise
spürbar. Sie machen sich vielmehr
breit und beherrschen unser Fühlen
und Denken, unser Reden, unser
Tun und unser Unterlassen.
»Unsere Hoffnung gründet in ihm
und ist nicht die Projektion unserer
Wünsche.«
»Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort
zu stehen, der von euch Rechenschaft for-
dert über die Hoffnung, die euch erfüllt.«
(1 Petrus 3,15)
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