60800 Apostel Zeitschrift der Arnsteiner Patres inhalt Ausgabe 3/2013 Angekommen in Europa? Weitere Themen Mit Kindern über Gott reden: Wie kommt der Jesus in die Hostie? Familie SSCC: Die spanischen Märtyrer Oasentage in Kloster Arnstein Die Arnsteiner Oasentage laden ein, zur Ruhe zu kommen und auf Kör­ per, Seele und Geist zu hören. Im Wechsel von Gespräch und Meditation, Stille und Gesang werden verschiedene Themen aufgegriffen und im Hin­ blick auf eigene Erfahrungen bearbeitet. Alle Oasentage sind thematisch in sich abgeschlossen. Inhalt Wie kommt Jesus in die Hostie? 4 Die spanischen Märtyrer 6 Totengedenken 8 Geistlicher Wegbegleiter 9 Angekommen in Europa? 13 Nachrichten 19 Messbund 21 Freitag, 8. November 2013, 9 bis 18 Uhr Mirjam – Schwester und Prophetin »Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand, und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her.« (Ex 15,20) Annehmen von allem, was ist, in und um uns. Dazu gehören alle Aspekte unseres Seins, das Licht sowie die Dunkelheit. Mit Gesang und Tanz wollen wir uns dem Leben zuwenden und diese Ein­ heit, die wir Gott nennen, preisen. Referentinnen: Sieglinde Müssig­ Jarnicki, Gabriela Muntenbruch Freitag, 6. Dezember 2013, 9 bis 18 Uhr Vom Glauben singen Wir improvisieren mit der Stimme und probieren verschiedene Bodypercus­ sion­Klänge und ­Techniken aus, die einfach in Gruppen eingeübt werden und gut im Gruppenunterricht verwendet werden können. Vorkennt­ nisse sind nicht notwendig. Bitte bequeme Kleidung mitbringen. Referentin: Inga Behrendt Einübung in die Stille Viele Menschen sehnen sich nach Stille. Sie ahnen, dass in der Stille eine Begegnung mit sich selbst und mit Gott möglich ist. »Wer in der Stille vermeint, nichts zu tun, soll bedenken, dass er nicht wenig tut, wenn er die Seele befriedet und in Ruhe und Frieden versetzt, ohne irgendetwas zu wirken oder anzustreben. Das ist es, was im Psalm 46 gemeint ist: Lernt leer zu sein von allen Dingen, das heißt innerlich und äußerlich, und ihr werdet sehen, dass ich Gott bin.« (Johannes vom Kreuz) Jeden Donnerstag um 17.30 Uhr (10. / 17. / 24. / 31. Oktober und 7. / 14. / 21. / 28. November) im Gruppenraum der Citykirche am Jesuitenplatz in Koblenz. Begleitung: Pater Martin Königstein SSCC und Frau Ulrike Kramer-Lautemann 2 apostel 3/2013 © martex – Fotolia Darum soll es gehen in den wöchentlichen Stilleübungen in Gemeinschaft: n Leerwerden – Einswerden in der Gegenwart dessen, der unser Freund sein will n Gott wie einem Freund begegnen – aus seiner Kraft leben Kultur im Kloster n 22. September, 20 Uhr Arnsteiner Feuernacht mit Orgel­Medi­ tationsmusik von Matthias Frey und Texten bei Kerzenlicht, anschließend Speis und Trank am Feuer n 19. Oktober, 20 Uhr, Pilgersaal Obernhofer Vollmondnacht: Visionen aus dem alten Preußen »Herbst­Miniatu­ ren« (nach C. Goetz), Musik: Shamrock­ Duo, Texte: D. Gresch und G. Fischer n 16. November, 20 Uhr, Pilgersaal Obernhofer Vollmondnacht: »Der gar schreckliche Froschkönig«, Musik: Shamrock­Duo, Texte: D. Gresch und G. Fischer n 23. November, 20 Uhr, Pilgersaal Klosterweinprobe »Klassik trifft Lahnwein« n 30. November, 20 Uhr, Pilgersaal »Frohlocket!«: Ein literarisch­musikali­ sches Vorweihnachtsgeschenk in Szenen, Gedichten, Geschichten und Liedern mit dem Schauspieler Moritz Stoepel n 15. Dezember, ab 12 Uhr, Kreuzgang Arnsteiner Mittelaltermarkt n 15. Dezember, 17 Uhr, Pilgersaal »Adventsgeschichten«, Musik: Wester­ wälder Saitenmusik, Texte: D. Gresch und G. Fischer Weitere Informationen und Termine: www.arnsteiner­patres.de/kultur.html Überwältigendes Echo Pater Haralds Aktion »Ein Becher Milch für Kinder in Manila« hat bei unseren Le­ serinnen und Lesern ein überwältigendes Echo gefunden. Bis zum 10. September kamen 14.870 Euro zusammen. Im Namen der Kinder danke ich allen Spendern für ihre Großzügigkeit. An-Denken Reliquien gehören zum katholischen Glaubensleben. In jedem Altar be­ findet sich eine solche, und manche Kirchen sind eine einzige, gewaltige Reliquiensammlung. Die in der berühmten »Goldenen Kammer« von St. Ursula in Köln aufbewahrten Reliquien vermag wohl niemand zu zählen. Selbst die Wände sind mit Totengebeinen gestaltet. Manchen Besucher befällt ein seltsames Schaudern. Was ist denn das? Im Grunde nichts anderes als in fast jedem Wohnzimmer zu finden ist: ein uralter, arg mitgenommener Teddybär, der die Spuren vieler Kinderhände zeigt; eine Gipskopie des Petersdoms aus dem Jahr 1962; das Bild eines ver­ missten Onkels. Wir mögen solche Erinnerungsstücke. Auch ich habe meine Reliquienwand. Eine Bastmatte, auf der ich aller­ hand Dinge versammelt habe: meine Erkennungsmarke vom »Bund«; Freundschaftsbänder aus vielen Kinderfreizeiten; den Schlüssel eines VW, den ich bei Glatteis an einer Felswand zerlegte; einen Kiesel von einem norwegischen Strand ... Jeder Mensch lebt aus der Vergangenheit. An vieles möchten wir uns erinnern: Freundschaften, Ferienerlebnisse, gute Arbeitsstellen ... Häufig blieb nur ein unscheinbarer Gegenstand zurück; für andere nicht zu verstehen, aber für den Besitzer der Schlüssel zu Menschen und Geschichten. Andenken helfen uns, unser Leben zu verstehen. Andenken – auch in Form von Denkzetteln – bewahren uns vor Fehlern. Andenken machen uns dankbar. Sie sind Zeichen erfahrener Liebe und helfen uns, an Wich­ tiges zu denken. Unsere Religion setzt auf die Aussagekraft einfacher Dinge: das Wasser im Weihwasserbecken, der Blumenstrauß vor dem Kreuz, das Opferlicht vor dem Marienbild. Was haben wir in unserer per­ sönlichen Umgebung? Ein Kreuz, eine kleine Madonna, eine Statue des heiligen Antonius, ein Weihwasserkesselchen, eine Plakette des heiligen Christophorus im Auto? Was kommt im Jahreskreis hinzu? Der Advents­ kranz, das frisch gebackene Osterlamm, der Kräuterbund an Maria Him­ melfahrt, der Johanneswein, das Licht vor dem Bild Verstorbener? Erinnerungen sind nützlich. Unser Gott und seine großen Taten geraten leicht in Vergessenheit. Da ist es gut, Erinnerungs­Anker zu haben, die uns helfen, nicht zu vergessen und zu danken. Erinnerungen vermitteln eine ganz wichtige Botschaft: Du bist nicht allein. Es begleiten dich viele Menschen mit ihrer Liebe und es begleitet dich Jesus Christus mit seiner Liebe. Ihr Mit herzlichen Grüßen Pater Heinz Josef Catrein SSCC Pater Heinz Josef Catrein SSCC 3/2013 apostel 3 mit kindern über gott reden Wie  kommt der Jesus Ein gemeinsames Essen schafft Erinnerungen Für Kinder ist der erste eigene Computer sicher ein neues wichtiges Element, bei der Erstkommunion für Eltern eine Herausforderung. Auch die erste hei­ lige Kommunion gerät in den Strudel der Konsum­ gesellschaft, und leicht verschwinden dahinter die wesentlichen Inhalte. Das Sakrament der Eucharistie ist ein schwieriges Thema. Ein aufgeweckter Sechsjähriger fragte mich einmal: »Wie kommt der Jesus in die Hostie?« Ich muss zugeben, dass diese Frage auch einem exami­ nierten Theologen zunächst die Sprache verschlägt. Was kann man sagen? Ich sehe fünf Ansatzpunkte, um Kinder zur Eucharistie zu führen. Ein gemeinsames Essen zeigt die Bedeutung eines Tages Es ist heute nicht mehr so, dass die Familie alle Tage gemeinsam am Mittagstisch sitzt. Man arbeitet und lernt an verschiedenen Orten. Umso wichtiger ist es, dass man sich zu bestimmten Anlässen trifft. Für mich ist der Sonntag solch ein Anlass, denn der Sonntag ist der Tag der Eucharistie. Messe und Mahl­ zeit zwischen Samstagnachmittag und Sonntagabend halte ich für unerlässliche Gestaltungs­elemente des Familiensonntages. Gerne gebe ich allerdings zu, dass es schon einmal schwierig sein kann, einen Zeitpunkt für das gemeinsame Mittagessen zu fin­ den. Doch zu jedem Fest, seien es Geburtstage oder Jubiläen, gehört eine gemein­same Mahlzeit. Erzählen Sie den Kindern: Jesus feierte das Abendmahl am jüdischen Pessach-Fest. Es war das höchste Fest. Immer häufiger verkommt Essen heute zur bloßen Nahrungs­ aufnahme, die nebenbei und alleine geschieht. Wenn die Erfahrung gemeinsamer Mahlzeiten fehlt, ist es schwerer, die Bedeutung der Eu­cha­ristiefeier nachzuvollziehen. 4 apostel 3/2013 © Bild oben links: iStock Kurz vor dem weißen Sonntag hatte ich mit meinem Laptop ein Problem und ging zum einzigen Compu­ terhändler in meinem Heimatort. Ich betrat den La­ den und hielt verwundert inne. Auf dem Tisch stan­ den mindestens 15 Computer, in Reih und Glied. »Das sind die Kommunioncomputer«, erklärte mir der Verkäufer völlig unbefangen. Ich kannte Kom­ munionunterricht, Kommunionbildchen, Kommunionkleidchen und Kommunionkerze, aber ein Kom­­munioncomputer war mir unbekannt. Viele unserer Erinnerungen hängen am Essen: Italien – das sind Spaghetti und Es­ presso; Frankreich – Käse und Rotwein; Bayern – Leberkäse und Bier. Die Liste lässt sich fortführen. Manche Familien machen das Essen bewusst zu einer Erinnerung an schöne Tage. Oder es gibt an Festtagen bestimme Gerich­ te. Hieran kann man mit Kindern anknüpfen: ein paar Wochen nach dem schönen Urlaub in der Tos­ kana mal so richtig italienisch kochen oder auch zum »Italiener« gehen. Vielleicht auch nach dem Pfadfinderlager die Atmosphäre wieder erzeugen: Würstchen auf dem Grill, Folienkartoffeln in der Glut oder Stockbrot am Feuer. Erzählen Sie den Kindern: Das letzte Abendmahl war auch so ein Erinnerungsmahl. Jesus feierte mit seinen Jüngern die Rettung seines Volkes aus Ägyp­ ten. mit kindern über gott reden Freunde kommen zum gemein­ samen Essen, ich habe Brot und Wein besorgt … wenn man so gemütlich zusammensitzt, denkt man nicht daran, aber als Jesu sich zum letzten gemeinsamen Abendmahl mit den Jüngern zu Tisch setzte, standen Brot und Wein auch bereit … in die Hostie ? von heinz josef catrein sscc Eine Mahlzeit soll ein Fest sein Jesus ist in Brot und Wein Kinder können kreativ in die Festvorbereitung mit einbezogen werden, beim Kochen helfen oder, noch besser, beim Schmücken des Tisches: Blumen pflü­ cken, Tischkarten schreiben, Servietten falten, Luft­ ballons aufhängen und Kerzen anzünden. Erzählen Sie den Kindern: Auch unsere Messe ist ein Fest. Wir feiern die Auferstehung Jesu. Deswe­ gen haben wir Blumen und Kerzen auf dem Altar. Deswegen ziehen sich viele Leute fein an, wenn sie in die Kirche gehen. Wenn die Mutter einen ganz super leckeren Kuchen backt, spüren die Kinder, dass die Mutter sie lieb hat. Liebe zeigt sich in Geschenken. Erzählen Sie den Kindern, dass Jesus beim letzten Abendmahl das Brot brach und sagte: »Das ist mein Leib.« Er gab den Jüngern den Kelch mit Wein und sagte: »Das ist mein Blut … Tut dies zu meinem Gedächtnis« Das haben die Christen nie vergessen. Immer wenn sie sich trafen, haben sie gebetet, gesungen, das Brot gebrochen und den Kelch geteilt. So ist unsere Messe entstanden. Brot und Wein sind etwas ganz Be­ sonderes: der Leib und das Blut Christi. © Bild unten links: Pavel Losevsky – Fotolia, Bild unten rechts: Jörn Buchheim – Fotolia Gemeinsam feiern verbindet mit Jesus Vor dem Essen ist das Tischgebet von besonderer Bedeutung. Wir danken Gott für die Gaben, die er uns geschenkt hat. Wir bitten ihn, unsere Tischgemein­ schaft zu segnen und alle zu beschützen, die hier am Tisch sitzen, und auch die, die wir gerne haben und die im Augenblick nicht hier sein kön­ nen. Wir dürfen die Anwesenheit Jesu Christi nicht auf die Messe oder die Kirche beschränken, denn für jede Mahlzeit mit Tischgebet gilt: »Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.« Es lohnt sich, sich dabei Mühe zu geben. Es gibt Kanons, die man gemeinsam sin­ gen kann, Gebetswürfel mit Tischgebeten und viele gute Gebetbücher. Erzählen Sie den Kindern: Jesus hat am Tisch immer gebetet. »Wie kommt der Jesus in die Hos­ tie?« Hier kann auch der Theologe nicht antworten. Die Antwort müssen wir schlicht­ weg durch unser Tun geben. Die beste Kommunion­ katechese ist der gemeinsame Kirchgang der Familie. Noch besser ist es, wenn man Kinder dazu ermun­ tert, sich bei der Gestaltung der Gottesdienste zu beteiligen: etwa als Messdienerin oder Messdiener, im Kinderchor … Kirchen sind voller eucharis­tischer Symbole wie Kelch, Traube, Brot, Lamm, Ähre, und auch viele Abendmahlsdarstel­ lungen findet man hier. Das Geheimnis der Eu­ charistie ist komplex. Man kann es nur mit viel Geduld, Stückchen für Stückchen erschlie­ ßen. n Die Vorbereitung eines besonderen Fest­­­mahls und die gemeinsame Mahlzeit lassen Kinder ganz natürlich erfahren, dass gemeinsames Essen Verbindung schafft … 3/2013 apostel 5 familie sscc Auf der Zielgeraden zur Seligsprechung Endlich ist es so weit! Die Zeit des jahrelangen Wartens neigt sich dem Ende zu. Am Sonntag, dem 13. Oktober 2013, findet in Tarragona, ca. 100 Kilometer südwestlich von Barcelona gelegen, die Seligsprechung von 522 Bischöfen, Priestern, Ordensfrauen, Ordensmännern und Laien statt. Aus unserer Gemeinschaft werden fünf Ordenspriester seliggesprochen. Das Dekret über ihr Martyrium, das erste für die 522 zukünftigen Seligen, ist von Papst Benedikt XVI. bereits am 3. Juli 2009 approbiert worden. Wie wird jemand seliggesprochen? Einer Seligsprechung geht ein kirchenrechtliches Verfahren vor­ aus, bei dessen Abschluss der Papst nach entsprechender Prü­ fung erklärt, dass ein Verstorbe­ ner als Seliger bezeichnet und als solcher öffentlich verehrt werden darf. Da es sich bei unseren fünf Seligen um Märtyrer handelt, ent­ fällt der Nachweis eines Wun­ ders. Im Unterschied zur Heilig­ sprechung wird durch die Selig­ sprechung eine lokal begrenzte Verehrung gestattet. Papst Bene­ dikt XVI. hat die bis 1975 gelten­ de Praxis wieder aufgenommen, wonach nicht der Papst eine Se­ ligsprechung vornimmt, sondern 6 apostel 3/2013 der Präfekt der Kongregation für die Selig­ und Heiligsprechungs­ prozesse beziehungsweise der Kar­ dinal oder Bischof der Diözese, in welcher der Selige gewirkt hat. Dort erfolgt auch die feierliche Proklamation im Rahmen einer Eucharistiefeier. Als offizielle Bezeichnung für die Gruppe der 522 Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges, die am 13. Oktober seliggesprochen wer­ den, hat man den Titel: »Märtyrer des 20. Jahrhunderts in Spanien« gewählt und nicht »Die spani­ schen Märtyrer«. Man weiß um die große Zahl der Märtyrer des 20. Jahrhunderts in vielen ande­ ren Ländern der Welt. Wer sind unsere Märtyrer und in welcher Zeit haben sie gelebt? Am 17. Juli 1936 um 17 Uhr erhebt sich ein in Marokko stationiertes Regiment gegen die Zentralregie­ rung der Zweiten Republik in Madrid. Dies ist der Beginn des Spanischen Bürgerkrieges, der unsägliches Leid über ein Land bringt, das drei lange Jahre geteilt sein wird. 14 Mitbrüder unserer Ordensgemeinschaft, fünf aus der Kommunität in Madrid, drei aus der Gemeinschaft in Barcelona, fünf aus der Kommunität in El Escorial und ein Mitbruder aus der Gemeinschaft in Torrelavega, haben in dieser Zeit ihr Leben als Märtyrer hingegeben. Da jedoch die Umstände und der Ort des familie sscc Todes von neun Mitbrüdern nicht genau bekannt sind, wie es die Kongregation für die Selig­ und Heiligsprechungsprozesse ver­ langt, konnte kein Verfahren zu ihrer Seligsprechung eingeleitet werden. Trotzdem sind auch die neun Mitbrüder für die Kongre­ gation Märtyrer, ebenso wie die anderen fünf, denen am 13. Ok­ tober 2013 offiziell der Titel und die Ehre als Märtyrer des Glau­ bens zuteilwerden wird. Alle fünf waren noch relativ junge Männer remonie wurden die sterblichen Überreste unserer fünf Märtyrer am 27. November 2010 in der Kapelle des heiligen Damian von Molokai, einer Seitenkapel­ le unserer Pfarrkirche von den Heiligsten Herzen im Zentrum Madrids beigesetzt. Große Freude für die einen, Unbehagen für andere Die Wunden des Spanischen Bürgerkrieges sind auch nach über 70 Jahren noch nicht Pater Alfred Bell (Bild links, während der Heiligsprechung Pater Damians am 11. 10. 2009) wurde nach vielen Jahren als Schulleiter des Johannes­Gymna­ siums in Lahnstein am 14. 6. 2008 zum Generalprokurator und General­ postulator der Ordensgemeinschaft er­ nannt. In diesen Funktionen ist er in Rom für die Verbindungen des Ordens zum Heiligen Stuhl und für die Selig­ und Heiligsprechungsprozesse der Ordensgemeinschaft zuständig. Auf diesem Friedhof von Paracuellos del Jarama sind ca. 10.000 Gefangene begraben, die an offenen Gruben erschossen wurden. Im Grab 7 sind unsere beiden Patres Luis Izurriaga Esparza und Rodolfo Arteagabeitia Chavarria sowie der Philosophie­ student Jacinto Mendoza Sábada beigsetzt. zwischen 26 und 38 Jahren. Zu Märtyrern wurden sie, weil sie sich als Priester und Ordensmän­ ner bekannten. Da die große Mehrheit der katholischen Hier­ archie zum »Kreuzzug« gegen die gewählte Regierung aufrief, wur­ den Priester für die Verteidiger der Republik somit unterschieds­ los zu Unterstützern der Put­ schisten gezählt und vielfach hin­ gerichtet. In einer feierlichen Ze­ verheilt. Spanien muss diese Epo­ che noch aufarbeiten. In abge­ schwächter Form formulieren es Familienangehörige, die gewis­ sermaßen auf der »Schattenseite« der Seligsprechung stehen, fol­ gendermaßen: »Ihr lasst die Euri­ gen seligsprechen, und was ge­ schieht mit den Unsrigen, die von euren Leuten getötet wurden?« So stehen sich in abgeschwächter Weise auch heute noch die bei­ den Fronten von damals gegen­ über. Dies ist das Geheimnis ihrer Stär­ ke. Der Märtyrer ist kein Kamika­ ze, auch nicht jemand, der sein Le­ ben leichtsinnig in Gefahr bringt. Der Märtyrer und die Märtyrerin sind Personen, die glauben, hof­ fen und sich für die Menschen und die Schöpfung einsetzen; Menschen, die auch angesichts von Todesdrohungen standhaft bleiben und so ihren Glauben an Christus bezeugen. n Unsere Mitbrüder wurden Opfer des Bürgerkrieges und seiner Auswirkungen. Märtyrer sind sie deshalb, weil sie ihr Leben für ihren Glauben hingegeben haben. Nähere Informationen zu den fünf Märtyrern finden Sie auf www.arnsteiner-patres.de alfred bell sscc 3/2013 apostel 7 theologischer impuls TOTENGEDENKEN Warum beten wir für unsere Toten? Diese Praxis kennen noch viele, sie ist aber nicht ganz unproble­ matisch. Leicht entsteht der Ein­ druck, das ewige Heil der Ver­ storbenen würde von unserem Einsatz hier auf Erden abhängen. »Derjenige, für den viele Messen gelesen werden, kommt schneller in den Himmel!« Das ist natür­ lich Unsinn! Die Entscheidung, ob ein Mensch in den Himmel kommt, liegt einzig und allein in Gottes Händen. So sagt es zumin­ dest der Katechismus. Warum aber lesen wir dann eigentlich Messen für unsere Verstorbenen? Ein Zeichen der Liebe und der Solidarität Es wird uns schwer ums Herz, wenn ein uns nahestehender Mensch uns verlässt. Leere, Verlust und Schmerz werden gemildert, wenn wir in der Liturgie daran er­ innert werden, dass der Verstor­ bene nicht ausgelöscht und ver­ nichtet ist. Er lebt bei Gott, und er lebt weiter in der Gemeinschaft der Heiligen – in Gemeinschaft mit den Menschen, die ihr Leben vollendet haben. Wenn wir unse­ re Verstorbenen in unser Gebet hineinnehmen, ist dies ein Zei­ chen liebevoller Verbundenheit mit den Toten und der Solidarität unter den Hinterbliebenen. 8 apostel 3/2013 fen. Glaube bewegt sich immer zwischen den beiden Polen von Anfechtung und Gewissheit. Das Gebet für die Verstorbenen stärkt unseren Glauben an das ewige Leben, indem es uns immer wie­ der an grundlegende Aussagen der frohen Botschaft erinnert. Unser Gebet für die Verstorbenen führt uns zudem mit anderen Menschen zusammen. Wir soll­ ten die Kraft dieser Gemeinschaft nicht unterschätzen. Sie tröstet und stärkt. Eine Verbindung über Raum und Zeit hinweg Christen haben ein doppeltes Verständnis von Wirklichkeit: Wir glauben, dass es neben unse­ rer »sichtbaren« Welt mehr gibt als das, was wir mit unseren Sin­ nen wahrnehmen. Eine andere »unsichtbare« Wirklichkeit: Gott im Himmel, die Scharen der Engel, das unendliche Heer der­ jenigen, die ihr Leben in Gott be­ reits vollendet haben. Unser Gebet auf Erden vermischt sich mit dem Jubel der erlösten Kirche im Himmel. Beten wir für unsere Verstorbenen, wollen wir durch unser Gebet nicht irgendetwas für sie »rausholen«, sondern mit ihnen und der gesamten sichtba­ ren und unsichtbaren Kirche in Verbindung bleiben. Ein Akt der Hoffnung und des Trostes Selbst für glaubensstarke Men­ schen kann der Verlust eines ge­ liebten Menschen Zweifel an der Güte Gottes auslösen. Wer dies erlebt, muss sich nichts vorwer­ Der Arnsteiner Messbund Die vielen Umstrukturierungen in den Pfarreien machen es oft schwierig, auf traditionelle Weise eine Messe zu bestellen oder daran teilzunehmen. Viele wünschen jedoch, dass ihrer oder ihrer Lie­ ben ständig gedacht wird. Für die in den Messbund aufgenomme­ nen lebenden oder verstorbenen Mitglieder wird täglich eine heili­ ge Messe gefeiert. So entsteht eine große Gebetsgemeinschaft mit den Hinterbliebenen und den Brüdern der Ordensgemeinschaft, eine Ge­ meinschaft der Kirche auf Erden und der Kirche im Himmel. n heinz josef catrein sscc Arnsteiner Messbund Sie möchten sich oder Ihre Verstorbenen in den Arnsteiner Messbund aufnehmen lassen? Dann nutzen Sie doch die im Umschlag vorhandene Rückmeldekarte … © Jeanette Dietl – Fotolia Früher war es für Katholiken eine feste Tradition: War ein Mensch verstorben, wurde unmittelbar vor oder nach der Bestattung ein Requiem gelesen. Zudem gab es das sogenannte »Sechswochen­ amt« und das Jahrgedächtnis. Immer wieder ging man zum Pfarrer und »bestellte« Messen für seine lieben Verstorbenen. Diese sogenannten »Intentionen« wurden dann im Gottesdienst laut vorgelesen. Anregungen für die Monate Oktober, November, Dezember geistlicher wegbegleiter »Das glaub ich – damit leb ich« © Bilderzyklus volo credere Nr. 5 © Kerstin Meinhardt, Idstein 2013 Geistlicher Begleiter zum Heraustrennen Ich glaube an Jesus Christus … geboren aus Maria der Jungfrau Hand aufs Herz: An welcher Stelle bleibt Ihr Auge, bleiben Ihre Gedanken hängen? »Geboren«? »Maria«? Oder nicht doch erst bei »Jungfrau«? Was davon be­ schäftigt Sie besonders – und warum? Dass sich auch diese Aussage in allererster Linie um Jesus, den Christus, dreht? Dass ein Mensch, eine Frau, im Glau­ bensbekenntnis vorkommt, einen Namen und ihren Platz hat? Oder nicht vielleicht doch weit mehr die »Sache mit der Jungfräulichkeit«? Für viele Zeitgenossen Inbe­ griff der Leibfeindlichkeit und »sexuellen Verklemmtheit« der Kirche, Erinnerung an manch ungute Auswüchse der Volksfrömmigkeit und die Hochstilisierung sexueller Unberührtheit der Frau zum Ideal. Und nicht zuletzt für unsere aufgeklärte, na­ turwissenschaftliche Weltsicht biologischer Unsinn auf den ersten Blick! Aber: Auch um diesen Glaubensinhalt kommen wir nicht herum. Wir bekennen im Glaubensbekenntnis, und auch unsere evangelischen Mitchristen beten: Geboren aus der Jungfrau Maria! Und dies ganz be­ wusst nach einem heftigen Streit, der Ende des 19. Jahrhunderts die protestantische Theologie und Kir­ chen bewegt hat! Bei allem, was wir Christen glauben, ist es wichtig, das Zeugnis der Heiligen Schrift nicht außer Acht zu lassen: Im Neuen, dem Zweiten Testament hören wir im Vergleich zum Leiden, zu Kreuz, Tod und Auf­ erstehung Jesu wenig von seiner Geburt – geschweige denn einer Jungfrauengeburt. Bei den Evangelisten Markus und Johannes kommt sie nicht vor und we­ der die Apostelgeschichte noch Paulus wissen davon. Die beiden bekannten Texte bei Lukas 1­2 und Matthäus 1, 18ff. äußern sich sehr diskret. Unbe­ stritten: Die große »theologische Karriere« macht die Jungfrau­ engeburt also erst in der Theo­ logie der alten Kirche. Wer aber als Christ die Bot­ schaft des Neuen Testamentes hört und sich nicht einfach nur lustig machen will über die kirchliche Überlieferung, der wird weiterdenken müs­ sen. Die Geschichte der Ge­ burt Jesu und ihr »Vorspiel« verdienen zunächst unser genaues Hinhören. Denn diese Geschichte ist fragwürdig – würdig, nach ihrem Sinn befragt zu werden. Dabei sind auch unsere Fragen erlaubt: Wie soll das geschehen? Wie soll das möglich sein? Und muss es unbedingt so sein? Kann der Glaube darauf denn nicht verzichten? Neugierig geworden? Dann lade ich Sie ein, dass wir uns in den Impulsen für die kommenden Monate dieser Glaubensgeschichte stellen. Ihr Pater Hans-Ulrich Willms SSCC Impuls für den Monat Oktober Geboren aus Maria der Jungfrau der Vergangenheit nicht ans Messer geliefert Gebet Gott, bei dir ist nichts unmöglich. Jesu Kommen, geboren aus Maria der Jungfrau, seine Botschaft, sein Leben, sein Tod zeigen uns: Wo wir am Ende sind, machst du einen ganz neuen Anfang. Hilf uns, dich zuzulassen und fest mit dir zu rechnen. Amen. Daher ist hier nicht der Ort, über biologische, histo­ rische oder bildliche Wahrheiten zu streiten: Heißt es »Jungfrau« oder »junge Frau«? Hatte Jesus Ge­ schwister? Ist Josef sein leiblicher Vater? Einzelheiten, wundersame Details interessieren die Evangelisten nicht. Es geht ihnen um die Aussage: In der Geburt Jesu finden die alten Verheißungen eines Erlösers, Heilands, Retters, kurz: des Messias, ihre Erfüllung. Die Geburt aus Maria der Jungfrau steht für den unerhört neuen Anfang, den Gott damit – über lange Umwege und Irrwege des Menschen hinweg – gesetzt hat. »Geboren aus Maria der Jung­ frau« verdeutlicht, dass Jesus unmittelbar, ohne Zwischeninstanz von Gott kommt. Ein ganz neuer, gottunmittelbarer und deshalb unschuldiger Neu­ anfang inmitten einer in Schuld verstrickten Welt. »Geboren aus Maria der Jungfrau«: Gott macht einen neuen Anfang – wir sind der Vergangenheit nicht ans Messer geliefert, kein Mensch. Gott lässt Lösungen nicht »vom Himmel fallen«. Gott kommt selbst und bringt Erlösung, macht Himmel, Heil menschen­ möglich – allen Menschen ohne Ausnahme. selbstvergewisserung Wo möchte ich ganz neu wieder anfangen? © Bilderzyklus volo credere Nr. 6 © Kerstin Meinhardt, Idstein 2013 Um es gleich vorwegzunehmen: Die Kindheitsge­ schichten Jesu bei Lukas und Matthäus sind nicht aus Interesse an einem gynäkologischen Befund mit dem Blick eines Aufklärungsbuchs geschrieben. Das ist nicht die Botschaft der biblischen Erzählungen von der Jungfrauengeburt – und das wäre auch nicht die Botschaft von einer Jungfräulichkeit, mit der wir unser Leben durchbuchstabieren können. In dieser Erfahrung finden wir uns wieder: Wir alle beginnen nicht bei null; immer sind da schon Zusam­ menhänge, die Leben behindern und verlet­ zen, ja uns zu Mittä­ tern machen. Wie vie­ len Menschen werden, noch bevor sie geboren sind, die Weichen für ein Leben in Unglück und Elend gestellt! Erbkrankheiten, Infektionen, Abhängigkeit von Drogen etc. Und dieser dämonische Reigen endet nicht mit der Geburt: Ablehnung und Ver­ nachlässigung, Armut, körperliche und seelische Gewalt … Wie viele schleppen einen vergifteten An­ fang mit durch ihr Leben! Therapien, Medikamente lindern, aber heilen nicht. Was gäben Menschen nicht alles für einen ganz neuen, unschuldigen Be­ ginn für das eigene Leben und das Leben der von ihnen geliebten Menschen! Impuls für den Monat November Geboren aus Maria der Jungfrau bereit sein, offen bleiben, Gott aufnehmen © Bilderzyklus volo credere Nr. 7 © Kerstin Meinhardt, Idstein 2013 Geistlicher Begleiter zum Heraustrennen Gebet Maria, die Jungfrau: eine junge Maria, du Mädchen aus Nazareth, du hast die Verheißung des Engels, Frau, unverheiratet, verlobt mit Josef und ihm als Ehefrau verspro­ Gottesgebärerin zu werden, nicht chen – die Zukunft ist klar, abgesi­ demütig naiv durchgewinkt. Du hast Und da sind wir beim Ent­ chert. Die Jungfräulichkeit Marias dir das Ja dazu abgerungen, es zu scheidenden: Maria und Josef sind Menschen, die nicht auf im Sinne sexueller Unberührtheit deiner Lebensaufgabe gemacht und so war nach den Gesetzen des Volkes den Weg zu dir selbst gefunden. Hilf den Kopf gefallen sind, die uns, unsere Lebensaufgaben anzuIsrael eine moralische Selbstver­ beide selbstbewusst Entschei­ ständlichkeit und ist es in diesem nehmen und so Ja zu Gottes Wirken dungen treffen, weil sie per­ Kulturkreis bis heute. Eine solche in unserem Leben zu sagen. Amen. sönlich Verantwortung über­ nehmen für ihr Leben, das Selbstverständlichkeit bedeutet Leben ihrer Geliebten, das aber immer auch argwöhnische Sozialkontrolle – mit all den Härten für Abweichende; Leben ihrer Gemeinschaft. Sie gehen ihren eigenen selbst wenn Abweichungen vor dem Gesetz genau Weg – und das nicht im Alleingang: Sie sind Fragen­ und sogar »human« geregelt sind. de, ihre eigenen Entscheidungen Hinterfragende, Hinhörende, offen dafür, dass Gott noch etwas vor­ Die Kindheitsgeschichten der Evangelien sind sich hat mit ihrem Leben, mit ihrer Liebe. einig: Diese junge Frau ist anders. Und auch der Und dazu geben sie dann nicht nur ihr Ja, sie geben Mann an ihrer Seite. Es sind zunächst Menschen, die gar nicht vorhaben, »das Gesetz« infrage zu stellen, alles – ihre Pläne, ihre alten äußeren und inneren zu provozieren. »Wie soll das geschehen, da ich Sicherheiten, ihren Ruf und festen gesellschaftlichen Platz, Leib und Leben! So kommt Gott zur Welt. Und keinen Mann erkenne?«, fragt Maria – keine Frage eine Frau spielt eine Rolle – die Rolle ihres Lebens. nach technischen Details. Jungfräulichkeit in den Spuren Marias (und Josefs!): Liebe in Erwartung – da ist Raum, da ist noch Luft, da geht noch was. Offen sein für Neues, Unerwarte­ tes, Überraschendes – für Gottes Anfrage! Denn Gott drängt sich nicht auf, trampelt nicht in unser Leben. Er lässt uns frei, er bietet sich an, er schenkt sich uns, immer wieder. Seine Liebe ist Liebe auf Leben und Tod – für alle Beteiligten. selbstvergewisserung Was bedeutet in diesem Sinne Jungfräulichkeit für mein persönliches Leben? Wie offen bin ich für Gott und seine Möglichkeiten? Impuls für den Monat Dezember Geboren aus der Jungfrau Maria Gott wird Mensch selbstvergewisserung »Geboren aus Maria der Jungfrau«: Uns allen ist ein Kind geboren, Nacktheit, Wehrlosigkeit, Angewiesenheit in Person. Damit zerschlägt Gott alle Gottesbilder der Menschen und entwaffnet sie. Der Gott, dem wir Weihrauch schwingen, wird anrüchig in seinen Windeln, nimmt den Stallgeruch eines Elendsquartieres an. Es macht mich sprachlos und fasziniert mich zugleich, »in der Niederkunft eines Menschen die Heraufkunft Gottes in der Welt sehen zu sollen« (U. Lücke). Weihnachten – wir müssen immer wieder neu ler­ nen: Erst wer sich tief bückt zum kleinen Kind, be­ gegnet dem großen Gott. Nicht oben über den Wol­ ken, sondern ganz unten. Da, wo sich unser Leben abspielt, unser ganz normales Leben mit seiner Vita­ lität und Sinnenfreude, seiner Leidenschaft und sei­ ner Passion, seinen Sorgen und Ängsten, Aufs und Abs, mit seinem Dunkel und mit seinem Licht. »Geboren aus Maria der Jungfrau«: In diesem Kind bekommt unser aller Leben ein neues Gesicht und ein neues Gewicht. Gefragt nach Gott, geben wir kein leeres Blatt mehr ab. Geheimnis des Glau­ bens. Geheimnis der Liebe. Daraus und davon leben wir – nicht nur an Weih­ nachten. Gebet Gott, deine Menschwerdung hat Folgen, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, schenkt Leben durch den Tod hindurch. Hilf uns, dass wir immer mehr aus dem Bewusstsein leben, dass wir nur eines brauchen, um leben und sterben zu können, dass du, Gott, Mensch geworden bist in Jesus Christus, geboren aus Maria der Jungfrau. Amen. © Bilderzyklus volo credere Nr. 8 © Kerstin Meinhardt, Idstein 2013 Gott lässt seine Schöpfung, Gott lässt den Menschen nicht links liegen. Er steigt mit der Geburt Jesu in Bethlehem in die Gesetzmäßigkeiten seiner Schöp­ fung ein. Die junge Mutter Maria weiß von Erwar­ tung und Rundwerden, gibt dem neuen Leben Bauch, Haut und Brust, Existenz und Zukunft. Windeln müssen gewechselt werden. Böse Träume schrecken das Kind auf in der Nacht. Es braucht Streicheleinheiten, Kuscheln, Dasein, Verlässlich­ keit, Wärme, Zärtlichkeit. Niemand versteht mehr davon, was es heißt, »guter Hoffnung« zu sein, als eine Mutter. Niemand versteht mehr vom Geheimnis des Lebens als Eltern. Und wie das nach der Kind­ Phase weitergeht. Auch bei Jesus. Lernen müssen, Trotzphase, Selbstständig­ werden, Erwachsenwer­ den. Nicht verstehen und nicht verstanden werden. Abnabelung von Familie und Zuhause. Loslassen, Gehenlassen – im Falle Jesu bis ans Kreuz. Was bedeutet es für mein Leben: Gott wird Mensch, Gott kommt als Kind? titelgeschichte angekommen in europa ? © Bild oben: picture­alliance / dpa, Bild unten: picture alliance / empics Die Europäische Union hat derzeit einen schlechten Ruf: Eurokrise, Verschuldungsmisere, Brüsseler Bürokraten, die fehlende gemeinsame Außenpolitik, Armutszuwanderer aus Südosteuropa in »unsere« Sozialsysteme ... und wenn eine Verordnung wieder völlig unsinnig ist, dann kommt sie bestimmt aus Brüssel! Viele Deutsche wollen mit »ihrem guten Geld« nicht die verschuldeten Staaten Südeuropas stützen. »Sollen die doch selber sehen, wie sie ihre Schulden tilgen und endlich mehr arbeiten, Steuern zahlen und nicht schon mit 55 in Rente gehen.« Der Gipfel der Ungerechtigkeit ist für viele Deutsche erreicht, wenn Frau Merkel und die Deutschen dann noch in Griechenland oder Spanien beschimpft werden, weil sie vor allen mit den harten Sparmaßnahmen der EU identifiziert werden, die insbesondere zur stark anwachsenden Arbeitslosigkeit in Südeuropa beigetragen haben. Dass viele dieser Behauptungen einer Realitätsprü­ fung nicht standhalten, stört dabei wenig. Vergessen wird, dass bisher hauptsächlich Bürgschaften gege­ ben wurden und dass die diversen Hilfspakete vor allem zur Bankenrettung dienten. Auch deutsche Großbanken wurden so vor massiven Zahlungsaus­ fällen bewahrt. Ausgeblendet wird beim Schimpfen auf Europa auch gerne, dass sich Deutschland in ers­ ter Linie selbst hilft, wenn es den Euro stützt, da eine Rückkehr zur D­Mark nicht nur riesige Kosten verursachen, sondern auch den größten deutschen Exportmarkt – nämlich die EU­Staaten – massiv be­ schädigen würde. Zudem entlastet die Krise den Bun­ deshaushalt wegen der extrem niedrigen Kredit­ zinsen und befördert zu guter Letzt das deutsche Wirtschaftswachstum. Und schließlich: Für eine kaum vorhandene gemeinsame Außenpolitik und erst recht für sinnlose Verordnungen ist immer auch die Regierung des mächtigsten EU­Staates mitver­ antwortlich, geht doch gegen den Willen Deutsch­ lands in Brüssel kaum etwas. Proteste gegen den von der EU geforderten Sparkurs in Dublin Aber so genau wollen es die meisten gar nicht wis­ sen, eignet sich die EU doch hervorragend als Schul­ dige für alles Mögliche. Dass dies funktioniert, hat 3/2013 apostel 13 titelgeschichte sicher viele Ursachen: So buchen nationale politische Akteure Er­ folge gerne auf ihr Konto und schieben die Verantwortung für Misserfolge nach Brüssel, ohne zu erwähnen, dass es ja die natio­ nalen Regierungen sind, die in Brüssel bestimmen. Zudem ist europäische Politik für die meis­ ten Menschen wenig transparent und weit weg. Die Ängste, die die zunehmende Globalisierung aller Lebensbereiche erzeugt, führt bei nicht wenigen zur Glorifizierung einer nationalstaatlich geprägten Vergangenheit. Wenn dann der Beitritt zahlreicher ost­ und süd­ osteuropäischer Staaten erfolgt, ohne dass die Bevölkerung wirk­ lich an diesem Prozess beteiligt war, dann führt das zu Ohn­ machtsgefühlen, Gleichgültigkeit und zunehmender Ablehnung. Der europäische Einigungspro­ zess hat – so scheint es – alles Verheißungsvolle verloren, eine positiv besetzte Zukunftsvision sucht man vergebens. Kaum je­ mand diskutiert darüber, wohin sich die EU entwickeln soll und was die »Vereinigten Staaten von Europa« einmal sein sollen: ein Bundesstaat, ein Staatenbund, ein Dach für die europäischen Regio­ Europäische Zentralbank mit Sitz im Eurotower in Frankfurt am Main elisabeth drolshagen sscc, mosambik Der vollständige Text von Schwester Elisabeth findet sich auf www.sscc.de 14 apostel 3/2013 nen oder doch nur ein Wirtschafts­ raum, in dem Regierungen und Verwaltungen und nicht das Par­ lament entscheiden? die vision von europa hat einmal viele begeistert Nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg war ein vereintes Euro­ pa für viele die einzige hoffnungs­ volle Antwort für die Zukunft. Die EU ist entstanden als Friedens­ projekt und als gemeinsamer Wirt­ schaftsraum, der Wohlstand für alle schaffen sollte. Beides hat die EU weitgehend eingehalten. Dass es innerhalb der Europäischen Union seit 1945 keine Kriege mehr gegeben hat, erscheint uns heute selbstverständlich, ist aber in die­ ser Welt immer noch die große Ausnahme. Und auch das Wohl­ standsniveau für alle – trotz aller noch vorhandenen Unterschiede – ist sicher das höchste der Ge­ schichte und neben den USA auch das höchste in einer Weltregion. Auch nach1989 hat die EU einen entscheidenden Anteil an der Überwindung der Teilung Europas © Bild oben: goodstock – Fotolia. Flüchtlinge aufnehmen – Lebensfreude empfangen Europa macht Afrika ein Geschenk, wenn es sich den Menschen nicht paternalistisch oder als »Alleskönner und ­wisser« zuwendet. Wenn es stattdessen ihr Potenzial fördert, damit die Menschen ihre Probleme selber lösen, selber entscheiden können, wie sie ihre Bo­ denschätze fördern wollen ... Europa macht Afrika ein Geschenk, wenn es die technischen Möglichkeiten zur Verfügung stellt, damit die Menschen selber ihre Produkte verarbeiten können. Europa macht Afrika ein Geschenk, wenn es seine Märkte öffnet und die Menschen, die aus den afrikanischen Ländern zu uns kommen, aufnimmt. Sie kom­ men nicht zu uns, um uns zur Last zu fallen. Sie kommen zu uns, um sich ehrlich ihren Lebens­ unterhalt zu verdienen, um ihren Familien das Überleben zu ermöglichen. Es sind junge Men­ schen, die Mut, Ehrgeiz und Willen beweisen, indem sie eine lange und gefährliche Reise auf sich genommen haben. In der afrikanischen Kultur ist die Begegnung wichtig. Man nimmt sich Zeit füreinander. Man lebt zum Rhythmus der Musik. Ein Geschenk, das Afrika Europa macht, ist seine Lebensfreude, seine Fähigkeit, Lasten zu tragen und daran nicht zu verzweifeln. Trotz aller Schwierigkeiten, die die Menschen des afrikanischen Kontinentes erleben, geben sie die Hoffnung nicht auf; die Hoff­ nung auf ein besseres Leben, die Hoffnung auf Frieden, Versöhnung und Freundschaft. Wir Europäer können lernen von den afrikani­ schen Frauen, die das Leben »in die Hand nehmen«, nicht aufge­ ben, damit das Leben sich entwickeln kann. titelgeschichte Die Vision eines vereinten Europas: Es war wie eine Erlösung! 1928 in Püttlingen im Saarland geboren, hat Pater Norbert Hofmann die Nazi-Zeit als Schüler und das Kriegsende noch im Volkssturm erlebt. Wie hat er nach dem Krieg den europäischen Einigungsprozess erfahren, und welche Wünsche und Hoffnungen verbindet er heute mit Europa? Darüber sprach unser Redakteur Thomas Meinhardt mit dem Arnsteiner Pater, der mit 85 Jahren noch immer in Holland als Dozent unterrichtet. Pater Norbert, haben Sie Erinnerungen daran, was Europa und die Nachbarvölker für Sie in Kindheit und Jugend bedeuteten? Ich kann mich noch an die Volks­ abstimmung im Saarland 1935 er­ innern. Wie ich an der Hand mei­ nes Großvaters bei einem prodeutschen Fackelzug mitging. Meine Familie war gut katholisch, nicht nationalsozialistisch. Aber sie wa­ren deutsche Patrioten und wollten auf jeden Fall zu Deutsch­ land und nicht zu Frankreich gehören. In Völklingen besuchte ich das Gymnasium. Dort unterrichteten zahlreiche ausgesprochen natio­ nalsozialistische Lehrer, insbeson­ dere in den Fächern Musik und Kunst, und von unserem Direktor wurden wir indoktriniert. Der Di­ rektor war ein Judenhasser. Immer wieder erzählte er, wie minderwer­ tig die Franzosen und wie verab­ scheuungswürdig die Juden seien. Dieser Mann hat Schäden in mei­ ner Seele und sicher auch bei mei­ nen Mitschülern an­gerichtet. Ich erinnere mich noch, als ich 1950 mit 22 Jahren nach Rom zum Studium kam und meine französischen Mitbrüder erlebte. Ich war höchst erstaunt, dass das Menschen waren wie wir auch, Kommilitonen, mit denen ich mich sehr gut verstand. Daran kann man ermessen, was diese Schulerziehung bei Kindern und Jugendlichen bewirkt hat. In Rom lebte ich dann in einem interna­ tionalen Konvent und habe das völlige Gegenteil von dem erlebt, was man uns eingetrichtert hatte. das auf sehr demütige Weise tun, niemals anderen et­was aufoktroy­ ieren oder uns als die Besseren verstehen und andere abwerten. Denn Europa hat in seiner Ge­ schichte und bis heute durch Ko­ lonialismus, Zwangsbekehrun­ gen, Kriege und wirtschaftliche Unterdrückung anderer häufig seine eigenen Ideale verraten. Wir müssen heute eher wieder von anderen Menschlichkeit ler­ nen, damit das Reden über unse­ re humanistischen und christ­ lichen Werte nicht nur Sonntags­ reden bleiben. Wie haben Sie in den 1950er Jahren den europäischen Einigungsprozess empfunden? Nach den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und den bei­ den verheerenden Weltkriegen ist die Vision eines vereinten Euro­ pas für mich ganz positiv besetzt. Es war wie eine Erlösung: Als ich 1948 nach Simpelveld in Holland Was erhoffen Sie sich heute von zum Studieren kam, habe ich Europa? mich geschämt, Deutscher zu Eine größere politische Einheit, die sein, nach all den Verbrechen, die Kriege vermeidet und den Frieden Deutsche gerade in Holland be­ erhält. Dass die Grunder­run­gen­ gangen hatten. Doch schaften der großen meine Mitbrüder ha­ euro­pä­ischen Kul­tu­ren ben sich während bewahrt blei­ben. Dass der deutschen Besat­ man auf dieser Basis zung sehr gut gegen­ fähig ist, die Heraus­ über der holländi­ forderungen der neu­ schen Bevölkerung en Zeit an­zugehen. verhalten, sodass ich Dass wir Vorkehrun­ keine Ressentiments gen treffen, dass alle gespürt habe. Die Norbert Hofmann SSCC Menschen mensch­ einheimische Bevöl­ lich leben können in kerung hat hier offensichtlich dieser Einheit Europas. Und ich deutlich unterschieden und uns wünsche mir, dass es gelingt, die nicht mit den Nazis gleichgesetzt, schwierige Balance zwischen im Gegen­teil. Identität und Vielfalt zu erhalten und zu gestalten. Menschen brau­ Was verbindet aus Ihrer Sicht die chen Beheimatung auch und ge­ Europäer? Was kann Europa in der rade in ihrer Sprache, ohne dass Welt einbringen? dies zum Instrument von Abgren­ Die Ratio, die Vernunft, kann Eu­ zung wird. Europa muss kein Ein­ ropa einbringen. Das heißt beson­ heitsbrei sein, sondern kann ein ders die griechischen Wurzeln gemeinsames Europa der Völker unserer Kultur: Philosophie, Kunst, und Kulturen sein. Vielleicht kann Musik, Architektur … sind ein eu­ Europa so ein Beispiel für die ropäisches Vermächtnis. Aber auch Welt sein und somit der Welt ein das römische Recht, die Men­schenGeschenk machen, indem es rechte, die Demokratie ... Und zeigt, dass ein gegenseitiges wert­ ganz sicher auch die christlichen schätzendes Zusammenleben Werte der Nächstenliebe, des Mit­trotz aller Unterschiede möglich, leidens. Allerdings müssen wir ja bereichernd für alle ist. n 3/2013 apostel 15 titelgeschichte Europäische Gelehrsamkeit – lateinamerikanische Befreiungstheologie Im kirchlichen Bereich profitieren wir in Lateinamerika von der Soli­ darität und von der Gelehrsamkeit Europas. Die Einheimischen be­ trachten die europäischen Missionare (Priester, Ordensleute, Laien) zumeist als uneigennützige Botschafter des Evangeliums des men­ schenfreundlichen Gottes und als Verbündete im Kampf für eine gerechtere Gesellschaft. Wo die Bevölke­ rung ihre vorkolumbianische Kultur be­ wahrt hat, haben die Missionare sie oft ermutigt, diese zu schätzen und zu pfle­ gen. Andererseits lesen meine einheimi­ schen Mitbrüder in Europa verfasste Schriftkommentare, um ihre Predigten vorzubereiten. Die traditionellen Gesellschaften Ameri­ kas suchten die Harmonie mit der Natur. Das ist ein Lehrstück nicht nur für Europa, sondern auch für die heutigen lateinamerikanischen Länder. Die Anwendung des Zweiten Vatikanischen Konzils hat in Lateinamerika die Basisgemeinden und die Befreiungstheologie mit der Option für die Armen hervor­ gebracht. Beides kann uns hier wie in Europa bei der nötigen Er­ neuerung der Kirche inspirieren und Modelle aufzeigen, die wir in die jeweilige gesellschaftliche Realität übersetzen müssen. und auch die deutsche Einheit war nur innerhalb der EU mög­ lich. Der Wegfall der Grenzen und eine einheitliche Währung sind große Fortschritte, die wir nicht mehr missen wollen. Und klar ist auch: Nur ein vereintes Europa wird in unserer globali­ sierten Welt politisch und wirt­ schaftlich noch eine Rolle spielen können. hermann wendling sscc, peru folgreich« und »sozial gerecht« zusammengehören und dass die Achtung der Menschenrechte, der Schutz des Individuums und die Anerkennung der sozialen Rechte sich ergänzen. Die deutsche Einheit war nur innerhalb der EU möglich 16 apostel 3/2013 Offene deutsch­polnische Grenze auf Usedom 2007 Um diese Rolle für sich und für andere überzeugend ausfüllen zu können, müsste Europa sich sei­ ner selbst vergewissern. Wir Euro­ päer, die wir unsere eigenen Wur­ zeln als christlich und humanis­ tisch begreifen, müssten diese Wer­ te wieder neu entdecken. Sie sind nicht etwas für Sonntagsreden, sie sind etwas für das konkrete Le­ ben. Wir müssen nicht nur darüber sprechen, wir müssen auch mit­ einander in Europa diskutieren, welche Folgen diese europäischen Werte für unser Leben, für die eu­ ropäische Politik haben müssen: für die Flüchtlinge, für die Armen ... Gerade wir evangelischen und katholischen Christen können hier eine aktive Rolle spielen, indem wir diese Wertediskussion in unser berufliches und privates Umfeld einbringen. In unseren Gemeinden sollten wir offensiv die Begegnungen mit Menschen anderer Nationalität fördern und © Bild lunten inks: picture alliance / Wolfram Stein, Bild unten rechts: picture­alliance / dpa eine neue vision von europa entwickeln Nicht nur wir Europäer brauchen ein vereintes Europa, das »alte« Europa hat auch noch wichtige Botschaften für die Welt: In einer zunehmend von hemmungsloser Konkurrenz, marktradikalem Ka­ pitalismus und Ausgrenzung der Armen bestimmten Welt kann Europa ein wichtiges Gegenmo­ dell sein. Nicht weil in Europa alles perfekt läuft, aber weil in Eu­ ropa einige Erfahrungen gemacht wurden, die hilfreich sein kön­ nen. Europa kann ein Beispiel dafür sein, dass es gelingen kann, trotz aller kulturellen Unterschie­ de friedlich und demokratisch zusammenzuleben. Europa kann zeigen, dass »wirtschaftlich er­ titelgeschichte Ein Lächeln für Europa – für Asien Gewerkschaften! »Lächeln können, welche Macht!« Wenn ich mich recht erinnere, stammt dieser Spruch von Antoine de Saint­Exupéry. Und wie recht er damit hat, habe ich nirgends mehr erfahren als hier in Bagong Silang, am Rande der Mega­Stadt Manila. Ich erinnere mich an zwei junge Frauen, die für ein Sozial­ praktikum aus Deutschland gekommen waren. Geschockt von den sozialen Verhältnissen hier, wollten sie gleich wieder zurückfliegen. Nach einer durch­ weinten Nacht erlebten sie am nächsten Morgen, wie Kinder aus der Nachbar­ schaft sie anlächelten, erst scheu, dann zutraulicher und schließlich mit strah­ lenden Augen. Und als die beiden wahr­ nahmen, wie auch die Mütter sie mit einem Willkom­ menslächeln begrüßten, war alles Heimweh ver­ gessen. Ich wünsche den Europäern, insbesondere den Deutschen, dass sie das Lächeln der Menschen aus den Philippinen und anderen Ländern Asiens als Geschenk annehmen und den irischen Spruch be­ herzigen lernen: »Gott hat dir ein Gesicht gegeben, lächeln musst du selber.« Was könnte ein Geschenk Europas für Asien sein? Die westliche Welt blickt mit Neid auf die wirtschaft­ lichen Wachstumsraten asiatischer Länder. Und die Philippinen liegen offenbar jetzt an der Spitze mit einem Wachstum von mehr als sieben Prozent pro Jahr. Aber die Armen, die einfachen Arbeiter und An­ gestellten spüren davon so gut wie nichts. Es regieren Angebot und Nach­ frage ohne Rücksicht auf die menschli­ che Würde. Bei anhaltend hoher Arbeits­ losigkeit müssen sich viele mit einem Bruchteil des gesetzlichen »Mindest­ lohns« begnügen. Ich wünsche mir, dass die euro­ päischen Gewerkschaften und kirchliche Verbände wie die KAB und Kolping in Zusammenarbeit mit der lokalen Kirche praktische Hilfen für die hiesigen Ge­ werkschaften anbieten zur Durchsetzung einer ge­ rechteren und solidarischeren Gesellschaft und zur Bewahrung der Schöpfung. harald adler sscc, philippinen Fall der EG­Zollgrenzen: Am Grenz­ übergang Venlo / Schwanenhaus zersägen deutsch­niederländische Kollegen am 31. Dezember 1992 einen Schlagbaum © Bild unten: picture­alliance / dpa chen, auch kontrovers diskutie­ ren, jedoch immer mit der Ab­ sicht, eine gute und lebenswerte Zukunft für alle Geschöpfe Got­ tes zu ermöglichen. Nur so haben wir die Möglichkeit, aus der pas­ siven und oft als ohnmächtig empfundenen Zuschauerrolle he­ rauszutreten und die Zukunft Europas mitzugestalten. als christliche Konfessionen ein Beispiel für ein gutes Miteinander statt eines Nebeneinanders ab­ geben. Das Interesse an meinen Mitmenschen und die persönli­ che Begegnung mit dem rumäni­ schen Straßenmusiker oder der polnischen Pflegekraft – wie es Pater Ludger Widmaier auf der folgenden Seite schildert – sind Schlüssel für den Abbau von Ängsten und Unsicherheiten und die Akzeptanz anderer Lebens­ weisen. Doch dabei sollten wir nicht ste­ hen bleiben. Europäische Zukunft können wir nur mitgestalten, wenn wir über unsere Visionen von der Zukunft Europas spre­ Miteinander friedlich und in ge­ genseitigem Respekt zu leben und unsere Unterschiede und die Vielfalt der europäischen Kultu­ ren als Bereicherung und nicht als Bedrohung zu empfinden, das könnte – wie es der 85­jährige Pater Norbert Hofmann formu­ lierte – ein ganz großes Geschenk Europas an die Welt sein. n thomas meinhardt 3/2013 apostel 17 titelgeschichte Ich habe die beiden ein paar Mal zum Migrationsdienst der Caritas begleitet, um ihnen mit »Überset­ zungsdiensten« beizustehen. Und inzwischen besuche ich sie im­ mer mal wieder privat – und so manches Mal machen wir auch Musik zusammen. Letztlich war es dieses erste kurze Gespräch, dieser kleine Schritt auf die »Fremden« zu, der zwi­ schen mir und diesen beiden Männern und ihren Familien ein Band der Freundschaft gestiftet hat. Das ist mir klar geworden, als ich das Haus eines der beiden Män­ begegnung erste Schritt Nach dem Gottesdienst an einem Ostersonntagmorgen lud unsere Koblenzer Kommunität wie in je­ dem Jahr zum gemeinsamen Früh­ stück in die Sakristei. Da sprach mich eine Dame an, die ich schon als regelmäßige Gottesdienst­ besucherin kannte. Sie hatte im Eingangsbereich der Kirche zwei Männer getroffen, deren Sprache sie nicht verstand. Sie hielt sie für Lateinamerikaner, und da sie wusste, dass ich zehn Jahre in Ar­ gentinien gelebt hatte, bat sie mich, mal mit ihnen zu sprechen, sie vielleicht zum Frühstück ein­ zuladen. Nachdem ich die beiden vermeint­ lichen Lateinamerikaner begrüßt hatte, stellte sich heraus: Sie stammten aus Rumänien und ge­ hörten zur Gruppe der Straßen­ musiker, die seit einiger Zeit auf verschiedenen Plätzen in der Ko­ 18 apostel 3/2013 zum Frieden blenzer Innenstadt auftraten. Mit »Händen und Füßen« und einem Kauderwelsch aus Spanisch, Ita­ lienisch und ein paar Brocken Deutsch kamen wir ins Gespräch. Seit dieser Begegnung haben wir uns immer, wenn wir uns auf der Straße trafen, begrüßt und mitei­ nander gesprochen. Das war auch für mich eine neue Erfahrung, denn wie wohl die meisten habe ich bis dahin Straßenmusiker und Bettler im Grunde gar nicht wahrgenommen. Es stellte sich heraus, dass die beiden Musiker orthodoxe Chris­ ten und – auch wenn sie es nicht gerne zugeben – rumänische Roma sind. Eine Volksgruppe, die nicht nur in ihrer Heimat massi­ ver Diskriminierung ausgesetzt ist, sondern auch in Deutschland oft menschenunwürdig behan­ delt wird. ner segnen sollte und als ich von ihnen zum orthodoxen Osterfest eingeladen worden bin. Für mich sind es solch kleine Schritte, den Fremden mit Offen­ heit und Freundlichkeit zu be­ gegnen und nicht mit Hass und Ablehnung, die zeigen, ob die viel beschworenen humanistischen und christlichen Werte Europas mehr sind als folgenlose Sonn­ tagsreden. Mir sind diese Werte, die unseren europäischen Gesell­ schaften zugrunde liegen, wich­ tig. Sie sind ein Fundament der Humanität, das Frieden ermögli­ chen und Krieg verhindern kann. Und gerade nach den zwei gro­ ßen Kriegen des 20. Jahrhun­ derts, die Europa verwüstet ha­ ben, ist Friede ein Wert und eine Sehnsucht, auf die Europa gebaut ist. n ludger widmaier sscc © Nailia Schwarz – Fotolia ist der nachrichten 65-jähriges Profess- und 60-jähriges Priesterjubiläum Pater Norbert Hoffmann SSCC Der Limburger Bischof Franz­Peter Tebartz­van Elst zu Besuch beim Zeltlager der »Gemeinschaft vom Christlichen Leben« (GCL) in der Nähe von Dahl­ heim. Seit 39 Jahren organisiert Pater Ernst Karbach SSCC jährlich diese Freizeiten mit bis zu 120 Kindern. Norbert Hoffmann wurde am 1. März 1928 in Püttlingen im Saarland geboren. Nach dem Abitur trat er 1947 ins Noviziat in Weibern ein, legte am 6. Oktober 1948 die zeitlichen Gelübde ab und wurde am 30. Au­ gust 1953 in Valkenburg (Nieder­ lande) zum Priester geweiht. Pater Norbert hat sein Leben Stu­ dium und Lehre gewidmet. Nach dem Erwerb des Doktorgrades lehrte er als Dozent in Simpelveld (1955 – 1980) und an der Hoch­ schule der Kapuziner in Münster (1982 – 1997). Seit 1975 bis heute nimmt er einen Lehrauftrag am Priester­ seminar der Diözese Roermond (Niederlande) wahr. Pater Norbert hat viele Generationen von Theologen ausgebildet. Seine Studenten schätzen sein Wissen, die Tiefe seiner Gedanken und nicht zuletzt die Leiden­ schaft für den Glauben, die in seinen Vorlesungen und Schriften immer sichtbar wird. Neben seiner Dozenten­ tätigkeit hat er viele Leitungsämter in der Provinz aus­ geübt. Pater Norbert lebt heute im Konvent in Werne. Totengedenken Pater Jean Pierre Holemans SSCC Jean Pierre Holemans – der älteste unserer wallonischen Mitbrüder – starb am 12. August 2013 in Charleroi an den Folgen einer Thrombose. Sein Tod kam völ­ lig unerwartet, denn trotz seines hohen Alters war er in guter körperlicher und geistiger Verfassung. 1927 in Löwen (Belgien) geboren, bat er 1946 in Tremelo um Auf­ nahme ins Noviziat. Seine theologisch­philosophischen Studien absolvierte er in Zandhoven. 1953 wurde er dort auch zum Priester geweiht. Anschließend studierte er noch einmal drei Jahre Philosophie in Brüssel, um danach zunächst als Lehrer (bis 1960) und später als Dozent für Philosophie in Suarlée zu unterrichten. Von 1985 bis 1991 diente er als Provinzial der wallonischen Provinz. 1992 zog Pater Jean Pierre nach Charleroi und arbeitete im Seelsorgeteam der Pfarrei St. Antoine. Seine umfassende Bildung, verbunden mit großer Menschenkennt­ nis und einem freundlichen Umgangston, machten ihn zu einem gefragten Seel­ sorger, geachteten Ausbilder und Vermittler in schwierigen Situationen. Seine letzte Ruhestätte hat Pater Jean Pierre auf dem Friedhof von Temploux gefunden. Spenden … … mit denen Sie unsere Arbeit in Deutschland und weltweit fördern, sind uns willkommen. Sie können mit einem Förderbeitrag die Herausgabe der Zeitschrift unterstützen: Bitte überweisen Sie unter Angabe des Verwendungszweckes »Apostel« auf das Konto Arnsteiner Patres e. V.: Kontonummer 656 120 010 bei der Nassauischen Sparkasse Lahnstein (BLZ 510 500 15) Diese und mehr Nachrichten finden Sie auf unserer Website www.arnsteiner­patres.de Impressum Apostel (ISSN 1611­0765) Herausgeber: Provinzialat der Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariens (Arnsteiner Patres e. V.), Johannesstraße 36 A, 56112 Lahnstein, Tel.: 0 26 21 62 99 15, Fax: 0 26 21 62 99 20, E­Mail: provinzialat@sscc.de, Internet: www.arnsteiner­patres.de. SSCC ist die Abkürzung für die Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen, in Deutschland als Arnsteiner Patres und auch als Picpus (nach der Straße des Mutterhauses in Paris) bekannt. Redaktion: Heinz Josef Catrein SSCC (verantw.) • Martin Königstein SSCC • Kerstin Meinhardt • Thomas Meinhardt • Ludger Widmaier SSCC Weitere Mitarbeitende dieser Ausgabe: Harald Adler SSCC, Philippinen • Alfred Bell SSCC, Rom • Elisabeth Drohlshagen SSCC, Mosambik • Hermann Wendling SSCC, Peru • Hans­Ullrich Willms SSCC, Münster Verlag: Meinhardt, Magdeburgstraße 11, 65510 Idstein, Tel.: 0 61 26 9 53 63­0, Fax: 0 61 26 9 53 63­11, E­Mail: info@meinhardt.info, Internet: www.meinhardt.info Erscheinungsort: Lahnstein Auflage: 5.900 Exemplare, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier Titel: Graffiti auf der Berliner Mauer von picture­alliance / ZB, Strichcode­Bild: pico – fotolia.com Bildnachweise: bei den Abbildungen; Bilder ohne Nachweis: Archive der Ordensgemeinschaft und der Firma Meinhardt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung von Herausgeber und Redaktion wieder. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine Haftung übernommen werden. 3/2013 apostel 19 Die Jugendbegegnungsstätte der Arnsteiner Patres – auf den Höhen des romantischen Lahntals nahe Nassau gelegen – befindet sich in den Mauern eines fast 900 Jahre alten Klosters. Das Selbstverpflegerhaus besteht aus mehreren eigenständigen Häusern und bietet 60 Übernachtungsplätze in Mehrbettzimmern. Eine Großgruppe oder bis zu drei Gruppen parallel können untergebracht werden. Jede Gruppe hat ihre eigene Küche und eigene Gruppenund Sanitärräume. Im Außengelände gibt es verschiedene Sitzgruppen, eine Tischtennisplatte, Grillmöglichkeiten und viel Platz auf dem Klosterhof. www.sscc.de/jbs.html 56379 Obernhof / Lahn Tel.: 0 26 04 9 70 40 Fax: 0 26 04 16 06 Unsere Niederlassungen in Deutschland Arnsteiner Patres Bohlweg 46 n 48147 Münster Tel.: 02 51 48 25 33 n Fax: 02 51 4 82 53 59 Kloster Arnstein 56379 Obernhof / Lahn Tel.: 0 26 04 9 70 40 n Fax: 0 26 04 16 06 Arnsteiner Patres Jesuitenplatz 4 n 56068 Koblenz Tel.: 02 61 9 12 63­0 n Fax: 02 61 9 12 63­14 Arnsteiner Patres Horststraße 35 n 56651 Niederzissen Tel.: 0 26 36 61 66 n Fax: 0 26 36 60 60 Arnsteiner Patres, Provinzialat Johannesstraße 36 A n 56112 Lahnstein Tel.: 0 26 21 9 68 80 n Fax: 0 26 21 96 88 30 Arnsteiner Patres Kardinal­von­Galen­Straße 3 n 59368 Werne Tel.: 0 23 89 97 00 n Fax: 0 23 89 97 01 11 Ordensgemeinschaft von den Heiligsten Herzen Immenstädter Straße 50 n 87435 Kempten Tel.: 08 31 5 12 36 80 n Fax: 08 31 51 23 68 19 Niederlassung der Deutschen Provinz in Belgien: Pères des Sacrés Coeurs Quai de Brabant, 38/5 n B­6000 Charleroi Tel.: 00 32 71 70 02 46 www.arnsteiner-patres.de Arnsteiner Herz­Jesu­Messbund Täglich beten die Arnsteiner Patres für ihre Wohltäter und die Menschen, die ihnen verbunden sind. Besonders sind die Mitglieder des Arnsteiner Herz­Jesu­Messbundes aufgenommen in die Gebete der Ordensgemeinschaft. Für alle Mitglieder wird täglich eine heilige Messe gefeiert und an jedem Herz­Jesu­Freitag wird für die Mitglieder ein feierliches Hochamt gefeiert. Dem Messbund können Sie selbst beitreten oder andere Menschen – auch Verstorbene – darin aufnehmen lassen. Manche nutzen dies als Geburtstagsgeschenk. Viele lassen angesichts einer Beerdigung den Verstorbenen in den Messbund aufnehmen: ein Geschenk voll Trost und Hoffnung für die Angehörigen. Die Arnsteiner Patres bitten bei der Aufnahme in den Messbund lediglich um eine Spende, deren Höhe Sie selbst bestimmen. Diese Spende kommt den Aufgaben der Arnsteiner Patres – hier und in der weltweiten Mission – zugute. Als Zeichen und Dokument der Zugehörigkeit zum Messbund erhalten Sie eine Aufnahmebescheinigung. Das anhängende Gebetsbild kann ins neue Gotteslob eingelegt werden und erinnert an die Mitgliedschaft. Tägliches Gebet zum Herzen Jesu Jesus Christus, in Deinem am Kreuz geöffneten Herzen zeigt sich die Liebe des Vaters zu uns Menschen. Es ist die Liebe, die verzeiht und aufrichtet. Darum wenden wir uns jeden Tag Dir zu. Wir legen unser Leben, unser Denken und Tun in Deine Hände. Im Vertrauen auf diese Liebe bringen wir Dir alles – das Gelungene und das Misslungene. Bilde unser Herz nach Deinem Herzen, damit wir Boten Deiner Liebe sind. In dieser Welt wollen wir Deine Zeugen sein, barmherziger Herr. Heiligstes Herz Jesu, aus Dir kommt die Fülle des Erbarmens! bitte wenden Ihre persönliche Mitgliedskarte Karte bitte abtrennen und einsenden – Ihre Daten werden nur zum angegebenen Zweck verwendet. ❑ Antragsteller Name Vorname Anschrift ❑ Bitte nehmen Sie die folgende Person als immerwährendes Mitglied in den Messbund auf: Name Vorname         Der folgende Abschnitt wird durch den Messbund ausgefüllt         Die Aufnahme erfolgte am Ort durch Datum Unterschrift Arnsteiner Herz-Jesu-Messbund 1. Für alle lebenden und verstorbenen Mit­ glieder wird täglich von den Arnsteiner Patres eine heilige Messe gefeiert.  2. An jedem Herz­Jesu­Freitag wird der Lebenden und Verstorbenen in der heiligen Messe und in der Anbetung vor dem ausgesetzten Allerheiligsten Spenden an den Arnsteiner Herz-Jesu-Messbund Die Arnsteiner Patres bitten bei der Aufnahme in den Mess­ gedacht.  bund lediglich um eine Spende, deren Höhe Sie selbst 3. Täglich betet die Ordensgemeinschaft für ihre Wohltäter und die lebenden und verstorbenen Mitglieder des bestimmen. Spendenkonto: Arnsteiner Patres e. V., Kto. 656 120 010, Nassauische Sparkasse Lahnstein, BLZ 510 500 15 Messbundes.  Kloster Arnstein  56379 Obernhof / Lahn Absender Bitte mit Postkartenporto freimachen! Name Vorname Straße PLZ Ort Postkarte An den Arnsteiner Herz-Jesu-Messbund Kloster Arnstein 56379 Obernhof / Lahn