Olav (Dagfinn) Müller SSCC
24. April 1924 bis 6. November 2018
Der Schriftsteller
Als Pater Olav 2018 mit 94 Jahren starb, erschienen in Norwegen zahlreiche Nachrufe. Einen von ihnen möchte ich herausgreifen, da er Pater Olav und seine Bedeutung für Kirche und Gesellschaft in Norwegen gut charakterisiert. Er stammt aus der Feder des Soziologen Gudmund Hernes. Hernes ist ein bekannter Politiker der norwegischen Arbeiterpartei und war einige Jahre Minister für Kirche, Kultur und Forschung.
Als Abiturient traf er Pater Olav 1960 in Trondheim und schrieb: »Dieser Mann lebt auf vielerlei Weise immer noch in uns und das obwohl wir niemals Katholiken geworden sind.« Er erinnert sich: »Es gab atemberaubende Diskussionen um die Gottesbeweise, um die Unterschiede im katholischen und protestantischen Glauben, um Erbsünde, Rechtfertigung und gute Werke. Das war für junge selbstbewusste Agnostiker nicht so einfach zu schlucken, der eine war ja Sohn eines Pfarrers. Der künftige Minister für Kirche und Kultur bekam eine ausgezeichnete Grundlage für seine Diskussionen mit dem (protestantischen) Bischofskollegium.«
Pater Olav hatte nicht nur ein Ohr für die aufmüpfige studentische Jugend der 60er Jahre. Er war ein gefragter Exerzitienmeister und Vortragsredner. Er streifte aber auch mit seinem Rottweiler sommers und winters tagelang durchs Gebirge und arbeitete als Pfarrer von Ålesund nebenbei in einer Fischräucherei, um Geld für eine Jugendhütte zu verdienen.


Pater Olav schrieb Bücher, Zeitungsartikel und Hunderte von Internetbeiträgen für den katholischen Informationsdienst. Als Mensch und als Priester passte er in kein Schema. Ein Norweger aus liberalem Haus, der katholischer Priester wurde. Ein Pfarrer, der Heringe räucherte. Ein Referent, der seinen Rottweiler zum Vortrag mitbrachte. Ein Seelsorger, bei dem man immer klingeln konnte. Ein Katholik ohne Berührungsängste zu Freimaurern, Andersgläubigen und exzentrischen Weltverbesserern. Ein Akademiker mit besten Kontakten zu Trondheims »gesellschaftlichen Randgestalten«.
Als Pater Olav als Pfarrer nach Trondheim kam, traf er auf eine kleine, von ausländischen Priestern geleitete, bettelarme Diasporagemeinde. Er gab dieser fremd wirkenden Kirche eine norwegische Stimme im ganzen Land. Er führte seine Gemeinde durch die Reformen des II. Vatikanischen Konzils und erlebte das gewaltige Wachstum der Katholischen Kirche in Norwegen durch Flüchtlinge und Arbeitseinwanderung nach 1975.
Seine tiefe persönliche Frömmigkeit zeigte sich in seinen Predigten und Schriften und nicht zuletzt in der Weise, in der er die Last des Alters ertrug. »Jesus begnügt sich nicht damit, uns wie seine Freunde zu lieben. Er dürstet danach, dass wir seine Freundschaft erwidern. Er sehnt sich danach, dass wir mit ihm in Verbindung treten, mit ihm sprechen und uns ihm so öffnen, wie wir es bei unseren besten Freunden tun.« (Aus Pater Olavs Buch: »Pateren dypper pennen«)