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Leopoldo Lauenroth SSCC

1913 bis 1999

Der Gelassene

Pater Leopoldo war nicht der Erste aus der Familie Lauenroth in unserer Ordensgemeinschaft. Vor ihm gehörte sein Onkel Pater Chrysostomus Lauenroth zur Gründergeneration der deutschen Ordensprovinz. Im Jahr 1919 kam Pater Chrysostomus als erster Mitbruder unserer Gemeinschaft in Kloster Arnstein an. Voller Begeisterung schrieb er später in der Arnsteiner Chronik: »Es war mir (...) sogleich klar, dass dieses altehrwürdige Bergheiligtum, durch die von uns gepredigte Andachtsform zum göttlichen Herzen Jesu, der geistige und geistliche Zentralpunkt dieser Bewegung werden könnte. Dies alles stand in einem gewaltigen Bilde vor meiner Seele (...).« So wurde Pater Chrysostomus zum Begründer des Herz-Jesu-Wallfahrtsortes und der Pilgerzüge nach Arnstein. Auch sein Neffe Pater Leopoldo hatte große Bilder in seiner Seele, aber von kleinen Leuten. 

1949, nur ein Jahr nach dem Ende seiner Kriegsgefangenschaft, brach Pater Leopoldo nach Argentinien auf, wo er 15 Jahre in verschiedenen Pfarreien und dem Päpstlichen Missionswerk tätig war. 1965 wurde er nach Chile versetzt. In zwei großen ländlichen Pfarreien im Süden des Landes leiteten Mitbrüder der deutschen Provinz die Seelsorge. Nach knapp 20 Jahren im Süden Chiles packte er noch einmal seine Sachen und zog um nach Argentinien, wo er in Haedo und Morón im Großraum Buenos Aires bis zu seinem Tod 15 Jahre lang die dortige Regionalkommunität bei ihrem Neustart begleitete. 

Wer Padre Leopoldo zum ersten Mal begegnete, dem fielen seine großen Augen auf, die umrahmt von einer großen Brille lebendig staunen konnten, wie man es von einem alten Mann nicht mehr erwarten würde. Leopoldo konnte staunen über die Technik einer neuen Melkanlage, die ihm ein Bauer in seiner Pfarrei stolz zeigte, und genauso oder noch viel mehr staunte er über die aufgeregte und begeisterte Erzählung eines kleinen Mädchens, das zum ersten Mal mit seiner Mutter Brot gebacken hatte. »Vió« (siehst du), sagte er dann, sein Mund wurde dabei zu einem großen O, und sein Gegenüber fühlte sich ermuntert weiterzuerzählen. Immer stand die andere Person im Zentrum seiner Zuwendung und Aufmerksamkeit. 

Leopoldo war ein Mann, der im Einklang war mit sich selbst, der frei war vom Kreisen um das eigene Ego und somit offen und bereit für Begegnungen. Er staunte über die Seele der Menschen, mit denen er zu tun hatte. Leopoldo konnte herzlich über einen Witz lachen oder einen richtigen argentinischen Asado (ein Festmahl mit verschiedenen Fleischsorten) genießen. Aber genauso zufrieden war er, wenn es zum Frühstück nur »Te Supremo« gab, den billigsten Tee, den man damals in Chile finden konnte. 

Er selbst erzählte, wie ihn die Gefangenschaft das Los-Lassen gelehrt hat, so konnte er ge-lassen werden. Leopoldo wurde zum Meister für das Leben in der Nachfolge Jesu, weil er seinen Meister bewunderte und bis zu seinem Lebensende über Jesus staunen konnte. 

1913 geboren in Halle 

1935 Ordenseintritt 

1940 Priesterweihe 

1940–1944 Kriegsdienst 

1944–1948 Gefangenschaft in Sibirien 

1949–1999 Seelsorger in Argentinien und Chile 

1999 gestorben in Buenos Aires